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ANNA FREUDS LITERARISCHE TExTE EINFÜHRUNG
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Rubrik »Kunst, Wissenschaft und Literatur« redigierte 259 Die »Vossische
Zeitung« war auch Lou Andreas-Salomé ein vertrautes Blatt: Im Juli 1920
beispielsweise publizierte sie in der Morgen-Ausgabe einen Beitrag unter
dem Titel »Unser Anteil an Dostojewsky und Tolstoi «260 Heinrich Mühsam
wird als namentlich genannter Redakteur der »Vossischen Zeitung« erst
1925 greifbar.261 In den Briefen an Lou erwähnt Anna den Roman zum
ersten Mal am 6 September 1922262 – was die Indizien für den histori-
schen Heinrich Mühsam als Namengeber mindert. Zu einem weiteren
Träger immerhin des Nachnamens führen Spuren, die sowohl Lous als
auch Sigmund Freuds Wege kreuzten: Erich Mühsam gehörte einerseits
wie Lou Andreas-Salomé dem Friedrichshagener Dichterkreis an,263 ande-
rerseits war er bei Otto Gross, jedenfalls seiner Bezeichnung nach, in
Analyse und schrieb im Mai 1907 an Freud persönlich, Gross habe ihn im
Laufe von ungefähr sechs Wochen vollständig geheilt – was ihm ohne die
geniale Psychologie des hochgeehrten Herrn Professor Freud nicht hätte
gelingen können 264 Und schließlich lassen sich auch familiäre Bande zwi-
schen den Freuds und den Mühsams rekonstruieren: Freuds Nichte Mar-
garethe Freud, die älteste Tochter seiner Schwester Maria, heiratete im
Dezember 1923 den dänischen Germanisten Erwin Magnus 265 Erwin Ma-
gnus’ Mutter Anna wiederum entstammte der weitverzweigten Linie der
Mühsams.266 Bezüge gibt es also genug, wenn auch nur jener zu Erich
Mühsam der Periode, in der Anna den Roman plant, zeitlich deutlich vor-
angeht – Davon einmal abgesehen trägt der Romanheld in spe aber
auch einen sprechenden Namen, auf den Lou im März 1923 anspielt,
259 Bannehr [u a ], Die Eule läßt Federn, S 68
260 Andreas-Salomé, Unser Anteil an Dostojewsky und Tolstoi, S 2
261 Vgl seinen Artikel »Disputatio spiritualis Naphta kontra Settembrini« vom 22
April 1925 in der Morgen-Ausgabe der Vossischen Zeitung (Beilage: Das Un-
terhaltungsblatt), [o S ] Intensive Stichproben aus den Monaten und Jahren
davor blieben negativ
262 LAS-AF, I, S 73
263 Kauffeldt, Cepl-Kaufmann, Berlin – Friedrichshagen, S. 383, S. 406.
264 Abdruck des Briefs in Heuer, Otto Gross, S 73 f
265 Tögel, Freuds Berliner Schwester, S 37
266 Vgl http://www thekesters net/Genealogy/Muhsam_II html
Anna Freud
Gedichte – Prosa – Übersetzungen
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anna Freud
- Untertitel
- Gedichte – Prosa – Übersetzungen
- Herausgeber
- Brigitte Spreitzer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 13.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 144
- Schlagwörter
- Anna Freud, Psychoanalyse, Literatur, Frauengeschichte, Geschichte des Judentums, Wiener Moderne
- Kategorien
- Weiteres Belletristik