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Liberal Democracies«, das unter der Leitung von Birgit Sauer und Sieglin-
de Rosenberger von 2006 bis 2009 politische undmediale Kopftuchdebat-
ten in acht europäischenLändernuntersuchte (Rosenberger/Sauer 2012). In
einemprogrammatischenBeitrag zu einemaus demVEIL-Projekt entstan-
denenSammelbandstellenPetraRostockundSabineBerghahndiebundes-
deutschenDebatten umdas Kopftuch in denKontext der »Notwendigkeit«
Deutschlands, »ein neues Selbstverständnis als Einwanderungsland zu ent-
wickeln, als eineGesellschaft, die ethnisch heterogen und religiös pluralis-
tisch ist« (Berghahn/Rostock 2009: 9). In denNeuverhandlungen deutscher
Identität in den 2000er Jahren sei dem islamischen Kopftuch eine emble-
matischeBedeutung als Symbol für »die Inkommensurabilität zwischen ei-
nemchristlich-okzidentalen ›Wir‹ undeinemmuslimischem ›Anderen‹« zu-
gekommen (Berghahn/Rostock 2009: 10). Normen,Werte und Schlagworte
wie»Geschlechtergleichheit«,»Säkularismus«oder»Integration«würdenin-
strumentalisiert,umdie»ZugehörigkeitzumjeweiligenNationalstaatzude-
finieren«unddasKopftuchalsSymboldesAnderen,nicht-zugehörigenaus-
zuschließen(Berghahn/Rostock2009:12).FürÖsterreichstelltenNoraGresch
undLeilaHadj-Abdoudamals eineparadoxeSituation fest: Einerseitsweise
das Land eines der liberalsten–d.h. kaumregulierten–»Kopftuchregime«
inEuropa auf, in dembis dahin keine ernsthaftenVorstöße für ein gesetz-
liches Kopftuchverbot unternommenworden waren. Andererseits existiere
einemuslimische Bevölkerung, die auf vielen Ebenen vonDiskriminierung
betroffen sei und eine Gesellschaft, in der »Kopftuchträgerinnen in Öster-
reich nurmarginal in öffentlichen Funktionen, in politischen Ämtern oder
amArbeitsmarktwahrnehmbar sind« (Gresch/Hadj-Abdou2009: 74). Sie er-
klärendiesenWiderspruchschlüssig, indemsiezwischenAnerkennungund
Teilhabe unterscheiden.Die formale Anerkennung des Islam als Religions-
gemeinschafthat inÖsterreicheineaußergewöhnlich langeGeschichte.Seit
1912–alsdasHabsburgerreichdiemehrheitlich islamischgeprägtenProvin-
zenBosnienundHerzegowinaumfasste–istderIslaminÖsterreichoffiziell
alsReligionanerkannt.Darausergibtsicheinestabileundgut institutionali-
sierteReligionsgemeinschaft-Staat-Beziehung,die restriktivenEingriffen in
die(symbolische)PräsenzderReligioninderGesellschaftentgegenwirkt.Zu-
gleichwirkenaberaucheinrestriktives»CitizenshipRegime«,dasFehlenei-
nerTraditionderAntidiskriminierungsowiesozioökonomischeFaktoren,die
MuslimInnendie substanzielleTeilhabeanderösterreichischenGesellschaft
erschweren (Gresch/Hadj-Abdou2009:91). IndenzehnJahrenseitAbschluss
des Forschungsprojekts hat sich die Situation in Österreich jedoch verän-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik