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78 ImNamenderEmanzipation
sonderndieWahrnehmung einer Person als fremd sozial höchst vorausset-
zungsvoll ist:
»ZwischendemEigenenunddemFremden steht die Tätigkeit des Entde-
ckens und Erfahrens, der Konstruktion und Systematisierung, derModell-
entwĂĽrfeundVerwerfungen;injederErkenntnisvomFremdensteckenPrak-
tiken,dieeinever-anderndeWirkungbesitzen:Gesten,Blicke,Gerüche […]
oderBeschreibungenschiebensichalsHaut-,Wahrnehmungs-undSchreib-
flächenzwischendasIchunddenAnderenundlassendasFremdeimmernur
vermittelt,d.h. imSpiegeldereigenenkulturellenImplikationenundWahr-
nehmungenbegreifen.« (Reuter2002:146)
DieHerstellungvonFremdheit als »Haut-,Wahrnehmungs-undSchreibflä-
chen« istcharakteristischfüralleSpielartendesRassismus(auchwennnicht
alle Varianten der Veranderung auch rassistisch seinmĂĽssen). Im Fall des
antimuslimischenRassismusproduziertdierassistischeVeranderungdieFi-
gurdes/der ›muslimischenAnderen‹.Sie istkeinempirischauffindbarerAk-
teur,sondernetwasAbstraktes,eineSchablone, indersichverschiedeneZu-
schreibungenverdichtenunddiewertendan jeneKörper angelegtwird,die
alsmuslimischgelesenwerden.ErfahrungenderAusgrenzung,Diskriminie-
rungoderGewalt, dieMuslimInnen alsMuslimInnenmachen,werdendurch
dieabstrakteFigurdes/dermuslimischenAnderenermöglicht.Sie ist varia-
bel in InhaltundFormundmuss jeweilshistorisch-räumlichkonkretunter-
suchtundbestimmtwerden.Dochwährenddie Inhalte,diedurchdasAufru-
fendes/dermuslimischenAnderenverhandeltwerden,potenziell unendlich
sind,changiertdieFormzwischenzweiModalitäten:Dämonisierung–der/die
muslimischeAnderealsGefahrfür ›unsere‹Gesellschaft–und Inferiorisierung
–der/diemuslimischeAndereals ›unserer‹Gesellschaftunterlegen.4Rassis-
mus ist also zugleichproduktiv– indemerFigurendes/derAnderen insLe-
4 ImFolgendenkonzentriereichmichaufdieDimensionenvonIdentifikationundSignifika-
tion inderHerstellungderFigurdes/dermuslimischenAnderen.FreilichwerdendieOb-
jektedesRassismusnichtalleindurchdiskursivePraxenhervorgebracht.ZumProzessder
ProduktionderObjektedesRassismusgehörenauchpolitische, juristische, administra-
tiveundökonomischePraxensowienichtzuletztunmittelbareGewalthandlungen.Aus-
schlüssesichtbarerMusliminnenkönnenlegalformalisiert–zumBeispieldurchKopftuch-
verboteanSchulenoderUniversitäten–oderinformell–etwa,wennMenschenmit›mus-
limisch klingenden‹Namen inbestimmtenStadtvierteln keineWohnungbekommen–
praktiziertwerden.RassismusproduziertseinObjektsomitauchindiesemSinne, indem
erMenschenzusozialenGruppenmittendenziellähnlichenErfahrungenformiert.
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Ă–sterreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik