Seite - 91 - in Im Namen der Emanzipation - Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Bild der Seite - 91 -
Text der Seite - 91 -
3 AntimuslimischerRassismusalsanalytischesKonzept 91
Analysen des antimuslimischen Rassismus, die eine Rassifizierung von
MuslimInnen annehmen, stehen also vor einemgrundlegenden konzeptio-
nellen Problem. SowohlMiles als auch Omi undWinant entwickelten den
Begriff inKontexten– inGroßbritannien respektive indenUSA– indenen
die Kategorie ›race‹ (sowie ihre Adjektivierung ›racial‹) impolitischen, juri-
dischenundalltagssprachlichenDiskurs ebensowie inder antirassistischen
Praxis präsent sindundprägendwirken.Rassismus entlangder ›color line‹
indenUSAsowiegegenausdenehemaligenKolonien immigriertePersonen
inGroßbritannienwar und istmaßgeblich entlang der Kategorie ›race‹ or-
ganisiert.TheorienderRassifizierungarbeiten sich andiesemUmstandauf
unterschiedlicheWeise ab.Gemein ist ihnen,dass sie ›race‹ nicht als biolo-
gische Tatsache, sondern als sozial hergestellte Kategorie untersuchen.Ge-
nau dazu dient ihnen der Begriff: Er verschiebt die analytische Perspektive
vondenkonstituiertenKategorien zudenProzessen ihrerKonstituierung–
»to think in termsofprocess« (Fassin 2011: 421). Sowird er auch inderFor-
schungeingesetzt:erdientdazu,PraxenundProzessezuuntersuchen,durch
die bestimmteMenschen anhand bestimmter körperlicherMerkmale ›ras-
sisch‹ zugeordnet werden.Das Problem bleibt damit jedoch bestehen:Wie
könnenTheorienderRassifizierungzurAnalyse vonantimuslimischenPhä-
nomenenherangezogenwerden,wenndieseweder im ›Rassendiskurs‹ vor-
getragenwerden nochMuslimInnen anhand von ›biologischen‹Merkmalen
konstruieren?Dassdieessentialisierende,dichotomisierendeundhierarchi-
sierendeKonstruktionmuslimischerIdentitäten,wieShoomanunterVerweis
aufMilesformuliert,»TeileinessozialenVorgangs[ist],derinderangelsäch-
sischenRassismusforschungmit demTerminus ›racialization‹ erfasstwird«
(Shooman2014a: 64),müsste erst nachgewiesenwerden.AuchdieReferenz
auf jüngere englischsprachigeDebatten–Shoomanverweist auf einen ein-
schlägigenSammelband vonMurji undSolomos (2005b)–klärt dieses Pro-
blem nicht. Denn dort werden abermals Prozesse untersucht, in denen es
um»Rassenkonstruktion«gehtund jenerVerknüpfungvonracializationund
›race‹ dasWortgeredet,die sich fürdieEntwicklungeinerTheoriedesanti-
muslimischenRassismusgerade verbietet.AnandererStelle verweist Shoo-
manauf einenBeitrag vonMoustafaBayoumi,derdieRolle vonReligion in
ProzessenderRassifizierungherausarbeitet, um ihreThese zu stützen.Ba-
youmianalysierthierunteranderemeinenUS-amerikanischenGerichtsent-
scheidvon1942,beidemein jemenitischenEinwandereraufgrundseines is-
lamischenGlaubensalsnicht-weißeingestuftwurde(Shooman2014a:73;vgl.
Bayoumi2006).Bayoumiargumentiert,dassMuslimInnenübereinenlangen
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik