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3 AntimuslimischerRassismusalsanalytischesKonzept 95
trennt gedachten ›Kultur‹ zurückführe.Zweitens sei derNeo-Rassismus ein
Rassismus, »dessen vorherrschendesThema […]dieUnaufhebbarkeit derkul-
turellenDifferenzen«sei (Balibar 1992b:28,Herv.B.O.).Balibar schließthier
anTaguieffan,deridealtypischzwischeneinemuniversalistisch-inegalitaris-
tischenundeinemkommunitaristisch-differentialistischenRassismusunter-
schiedenhatte(Taguieff2001:130-133).WährenderstererdieUngleichwertigkeit
derRassenbehaupteundvoneinerLogikder›Heterophobie‹getragensei,be-
schränke sich zweiterer darauf,dieSchädlichkeit derVermischung zubetonen,
folge sonst aber eine Logik der ›Heterophilie‹. In letzterKonsequenz könne
der differentialistischeRassismus also die Vielfalt schätzen unddieGleich-
wertigkeitderKulturenanerkennen,zugleichaberdieAbschottungundAb-
wehrgegendas ›kulturell Fremde‹propagieren,umschädlicheVermischun-
genzuverhindern.DrittenstretedieserRassismusnichtnuralsnicht-rassis-
tischauf(mansprechejanichtvonRassenundhabeauchnichtsgegenfremde
Kulturen), sonderngleichsamalsErklärung fürdenRassismus:Rassistische
GewaltwerdealsAbwehrreaktionderautochthonenBevölkerungpräsentiert,
die sich gegendie schädlicheVermischungoderÜberfremdungwehrt. »Lo-
gisch betrachtet« handle es sich hier also umeinen »Meta-Rassismus« oder
einen»RassismuszweiterLinie« (Balibar 1992b: 30).
DieThesedeskulturalisiertenRassismuswurdeseithervielfachübernom-
men,übertragenundweiterentwickelt.Oft ersetztderVerweisaufdasKon-
zeptundseineprominentestenVertreterdie tiefereBeschäftigungmit ihm.
Soverhält es sichauch inweitenTeilenderForschungzuantimuslimischem
Rassismus.DabeibleibenzumindestdreirelevanteFragenausgespart,deren
Klärung grundlegend für eine angemesseneKonzeptualisierung seinmüss-
ten.Erstens: Wird die Verschiebung von einem biologischen zu einem kul-
turellenRassismusals rhetorischeStrategiebegriffenoderals substanzieller
Wandelder innerenLogikundFunktionsweisedesRassismus?Barkermacht
deutlich, dass der von ihmuntersuchte Diskurs der britischen Konservati-
ven eine tarnende Funktion hat: Weil die rassenbiologische Argumentation
durchdie ErfahrungdesHolocaust und antirassistische Interventionen aus
demFelddes legitimSagbaren verdrängtwurde,machen sichTeile der ras-
sistischenRechteneinneuesVokabularzueigen.DiesePosition läuftaufdie
knappeThesehinaus,wie sie etwavonUnniWikan (1999: 58) vertretenwird:
»›Culture‹ has become a new concept of race«. Im Feld der Islamophobie-
ForschungbehauptetNaimeCakir,dass»deressentialisierte,gewissermaßen
naturalisierteKulturbegriff–einHauptkennzeichendesKulturellenRassis-
musnebenderNaturalisierungdesSozialenoderderGeschichte–zum funk-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik