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tionellenÄquivalent desRassebegriffswird« (Cakir 2014: 125,Herv.B.O.). Etwas
vorsichtiger formuliert YaseminShooman: »WiedasBeispiel des antimusli-
mischen Rassismus zeigt, nimmt der Begriff der Kultur und ihm inhärent
auchderBegriffderReligion inheutigenrassistischenWeltbilderneineähn-
liche Stellung einwie der biologistische Rasse-Begriff« (Shooman 2014a: 81,
Herv. B.O.). Etienne Balibars Überlegungen zum ›Rassismus ohne Rassen‹,
auf die sich diese Lesartenhäufigbeziehen (vgl. Shooman2014a: 57-58), le-
gen jedoch etwas anderes nahe.Balibar prüft, »inwelchemMaße eine rela-
tiv neue Sprache [wie imÜbergang von ›Rasse‹ zu ›Kultur‹, Anm.B.O.] als
Ausdruck einer neuenArtikulation zu begreifen ist, in der sich in einer auf
Dauer angelegtenWeise gesellschaftliche Praxis und kollektive Vorstellun-
gen, Lehren vonWissenschaftlern und politische Bewegungenmiteinander
verbinden«.Erschließtausdrücklichaus,dassessich»einfachumeineTarn-
operation« handle (Balibar 1992b: 27,Herv. i. O.).5Dieser Gedankewird in
derLiteratur,die sich aufdenBegriff des kulturellenRassismusbezieht, je-
dochhäufignicht zurKenntnisgenommen.Umgekehrtbleiben jene,diedie
Kategorie ›Kultur‹als funktionellesÄquivalentdesRassebegriffs insZentrum
ihrerUntersuchungen antimuslimischer Phänomene rücken, einen empiri-
schenNachweis schuldig,derplausibelmachenwürde,dassKultur imanti-
muslimischenRassismus tatsächlichso (ähnlich)wieRasse funktioniert.Am
ehestenwirddieseThesevonShoomansAnalysenderantimuslimischenRhe-
torikThilo Sarrazins gestützt (Shooman 2011). Sarrazins bevölkerungspoli-
tisch und eugenisch grundierte AuslassungenüberMuslimInnen in seinem
Buch»Deutschlandschafft sichab«sowieseinedieBuchveröffentlichungbe-
gleitenden Interviews bieten Shooman dafür anschaulichesMaterial: »Sar-
razin geht […] von einer klar abgrenzbaren ›islamischenKultur‹ aus, deren
Träger–dieMusliminnenundMuslime–durch ihrephysischeVermehrung
zueinerexistenziellenGefahr fürdieeuropäischeKulturwerden« (Shooman
2014a: 60). Allerdings fügt Shooman an gleicher Stelle hinzu, dass Sarrazin
»[m]it demFokus auf die Fertilitätsrate einerGruppe […] andieser Stelle in
denBereichdesbiologistischenRassismusab[gleitet]« (ebd.). Insofernbietet
5 DieserAspektentgehtaucheinigenKritikerInnenderKulturrassismus-These.Sobesteht
etwaR.D.Grillodarauf,dass»contemporarydiscourseaboutimmigrantsorasylumseekers
isnotsimplydisguisedracism«(Grillo2003:165).NurindemerdieThesenBalibarsundTa-
guieffsaufdieseWeisereduziert(vermitteltdurchWikans(1999)Rezeptionals»Culture:A
newconceptofrace«)kannerdenBegriffdeskulturellenRassismusinsgesamtablehnen:
»I donot believe that cultural essentialismandanxiety shouldbe interpreted as veiled
racism:theyarenot ›racecloakedasculture‹« (Grillo2003:167).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik