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4 GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 125
fürGramscis »frequentuseof codewords […] inorder to circumventprison
censorship« (Femia1981: 9);die»subalternenGruppen«könnennichteinfach
als»ArbeiterInnenklasse«übersetztwerden.Wieu.a.Buttigieg(2013),Frosini
(2016),Green (2011a) und Liguori (2015) gezeigt haben, entwickelteGramsci
den Begriff als konstitutiven Bestandteil seiner politischenTheorie. Gesell-
schaftlicheGruppen sind subaltern, insoweit sie keine eigenständigen poli-
tischenundkulturellenAusdrucksformen ihrer InteressenundErfahrungen
entwickelnundsichstattdessenderFührungandererGruppenunterordnen.
Sie»erleiden immerdie InitiativederherrschendenGruppen,auchwennsie
rebellierenundsichauflehnen« (GH:2191). ›Subaltern‹ ist alsokeinesoziolo-
gische,sonderneinepolitischeKategorie,sieverweistaufeinePositioninner-
halbvonHegemonieverhältnissen,auf»Subalternität« (Liguori2015: 118).Sie
istzugleich insichgebrochenundstratifiziert,eineeinfacheGegenüberstel-
lungvon›Herrschenden‹und›Beherrschten‹wirddemHegemonieverhältnis
nicht gerecht.Die Subalternen »erleiden« nicht nur die Initiative derHerr-
schenden, sie »rebellieren« auch; sie fügen sich nicht nur der Hegemonie,
sondern setzen auch »Spuren autonomer Initiative« (GH: 2191), organisie-
rensich,schmiedenBündnisse,kämpfen.SubalterneGruppen»exist invary-
ingdegreesofpoliticalorganization«,wieMarcusGreen(2011b:86)Gramscis
Darstellungzusammenfasst.
Wie am Beispiel der Frage des Südens gesehen, kann Rassismus eine
wichtige Rolle in der Konstruktion und Aufrechterhaltung der Verhältnisse
vonHegemonie undSubalternität spielen.DassGramsci denMeridionalis-
mus als Ideologie bezeichnet, erhält seine volle Bedeutung erst in diesem
Kontext. In denGefängnisheften behandelt Gramsci Ideologie »vomStand-
punkt derHegemonie« aus, d.h. er analysiert sie als »Ideologie, die für die
Zivilgesellschaft und folglich den Staat den innersten Zement bildet« (GH:
1313).Sie ist für ihnnichtgleichzusetzenmit einerSphäredes Ideellen, son-
dernbildet selbst einematerielleRealität.Gramsci sprichtdeshalbauchvon
der »ideologische[n]Struktur einerherrschendenKlasse«,zuder er »dieBi-
bliotheken, die Schulen, die Zirkel undClubs unterschiedlicher Art, bis hin
zurArchitektur,zurAnlagederStraßenunddenNamenderselben«(GH:374)
zählt. Zusammengenommenmachen sie den »phantastischenKomplex von
Schützengräben undBefestigungen der herrschendenKlasse« aus, d.h. die
»materielle […] Struktur der Ideologie« (ebd.). Als deren »beträchtlichste[n]
unddynamischste[n] Teil« nenntGramsci »die Presse imallgemeinen: Ver-
lagshäuser, […] politischeZeitungen,Zeitschriften jederArt,wissenschaftli-
che, literarische, philologische, populärwissenschaftliche usw.« (GH: 373-4).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik