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4 GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 129
tenGruppen in einerGesellschaft gelingt es nicht automatisch, ein Projekt
politischer Führung auszuarbeiten, das dieUniversalisierung und kompro-
missvermittelte Absicherung ihrer Interessen gewährleistet. Gramsci führt
dafür die Kategorie der Intellektuellen ein.Wir haben in derDiskussion der
»Frage des Südens« gesehen, dass Gramsci die Rolle der Intellektuellen als
entscheidend für die konsensuale Einbindung der Subalternen des Südens
einschätzt:»DerBauerdesSüdensistmitdemGroßgrundbesitzerdurchden
Intellektuellenverbunden« (Gramsci 1955:24). IndenGefängnisheftenarbei-
tetGramsci diesenBegriffweiter ausundgibt ihmeineFunktion innerhalb
seinerTheorie der Hegemonie. So wie bei der Kategorie der ›Subalternen‹
handelt es sich auch bei den ›Intellektuellen‹ um eine politische, keine so-
ziologischeKategorie.IntellektuellewerdeninHinblickauf ihreFunktionim
Hegemonieverhältnisbestimmt.GramsciszentraleTheseist,dassIntellektu-
ellenichtals»autonomeundunabhängigegesellschaftlicheGruppe«verstan-
denwerden sollten, sondern als organischmit der Formierung vonKlassen
undKlassenfraktionenverbunden:
»JedegesellschaftlicheGruppeschafftsich,währendsieaufdemoriginären
BodeneinerwesentlichenFunktion inderWeltderökonomischenProduk-
tionentsteht,zugleicheineodermehrereSchichtenvonIntellektuellen,die
ihrHomogenität undBewusstseinder eigenenFunktionnichtnur imöko-
nomischen,sondernauchimgesellschaftlichenundpolitischenBereichge-
ben«(GH:1497).
Intellektuelle werden also nicht dadurch bestimmt, dass sie ›geistigen‹ Tä-
tigkeitennachgehen,sonderndurch ihreRolle inderÜberwindungderSub-
alternität oder,was das gleiche ist, der Selbstorganisierung und der Errin-
gung politischerMacht: »der kapitalistische Unternehmer schafft mit sich
denTechnikerder Industrie,denWissenschaftlerderpolitischenÖkonomie,
denOrganisator einer neuen Kultur, eines neuen Rechts usw. usf.« (Ebd.).
Es seider »verbreitetstemethodische Irrtum«dassdasUnterscheidungskri-
terium zwischen Intellektuellen undNicht-Intellektuellen »in der Eigenart
der intellektuellenTätigkeitengesuchtwordeniststatt imEnsembledesSys-
tems vonVerhältnissen, in demsich jene (und folglich dieGruppen,die sie
personifizieren) imallgemeinenZusammenhangder gesellschaftlichenVer-
hältnissebefinden« (GH: 1499).Sowie jederMensch»Philosoph« ist (s.o.), so
seienauch»alleMenschenIntellektuelle«, insofern»in jeglicherkörperlicher
Arbeit, auchdermechanischstenunddegradiertesten, […] einMinimuman
technischerQualifikationvorhanden[ist],dasheißteinMinimumankreati-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik