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152 ImNamenderEmanzipation
richtigesvonfalschemVerhaltenscheidetund jene,die letzteresverkörpern,
symbolisch aus der Gemeinschaft der Anständigen ausschließt. Schon bei
Gramsci istderKampfumHegemoniemaßgeblicheineAuseinandersetzung
um»intellektuelleundmoralischeFührung«(GH:1947),womitermeint,dass
die Fragen, umdie gestrittenwird, »auf eine ›universelle‹ Ebene [ge]stellt«
werden (GH: 1561). So verhält es sich auch indenvonHall et al. in »Policing
theCrisis« untersuchten Fällen. ImöffentlichenDiskurs umStraßenkrimi-
nalität tretenkeine ›Interessen‹ auf,die sich eindeutig einer sozialenKlasse
zurechnen ließen, sondern Ansprüche aufmoralische Führung.Die ›moral
crusaders‹,AkteurInnendiesichals ›organischeIntellektuelle‹besondersen-
ergisch indieDebatteeinschalten,nehmenfür sich inAnspruch, imNamen
einesAllgemeinenzusprechen,wennsiediemoralischeVerkommenheitder
schwarzenJugendbeklagen.Sie sind,soHall et al.,
»thespear-headofthemoralbacklash,thewatchdogsofpublicmorality,the
articulators ofmoral indignation, themoral entrepreneurs, the crusaders.
Oneof its principal characteristics is its tendency to speak, not on its own
behalf or in its own interest, but to identify its sectionalmoralitywith the
wholenation–togivevoiceonbehalfofeverybody«(Halletal.1978:164;Herv.
i.O.).
DieserÜbergangvonpartikularenInteressenzuuniversalenNormenistcha-
rakteristischfürHegemoniekämpfe.Insofernsie imRegisterderMoralspre-
chen,bildensiedurchdieDämonisierungdesAndereneinemoralischeWir-
Identität,inderrassistischeDifferenzkonstruktioneneingelassensind.Geor-
geMorganundScottPoynting,diedasKonzeptderMoralpanik fürdieAna-
lyseder»globalenIslamophobie«inAnschlagbringen,sprechendeshalbauch
–inAnlehnunganBenedictAndersonsKonzeptderNationenals »imagined
communities«–»vorgestellteGemeinschaften« (Anderson 1991 [1983])– von
»imaginedmoral communities«,die imProzessder »denigrationanddehu-
manization« vonMuslimInnen konstruiert würden (Morgan/Poynting 2012:
6).EineanHallsKonjunkturanalyseangelehnteRassismusforschungversteht
die Konstruktion von Selbstbildern, die mit der Konstruktion des/der An-
dereneinhergeht, auchalsProzessder (oft unbewussten)Gemeinschaftsbil-
dung.DieseErkenntnis schließt einerseits anHundsKonzeptdernegativen
Vergesellschaftung an, das genau genommen ja auch keinen gesellschafts-,
sonderneinengemeinschaftsbildendenEffektdesRassismusbeschreibt. In-
dem sie in einen gesellschaftstheoretischen Kontext integriert undmit ei-
nemanalytischenBegriffsinstrumentariumverbundenwird, kann sie nütz-
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik