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4 GrundlageneinerhegemonietheoretischenRassismusanalyse 155
ist.WelcheBezüge– lokal, national, regional oder gar inter- oder transna-
tional– indie rassistischeSelbst-undFremdkonstruktioneingehen ist eine
offene,empirischzubeantwortendeFrage.
DrittensweistHall zwar eindringlich darauf hin, dassRassismus immer
als Pluralität »historisch spezifischer Rassismen« verstandenwerdenmuss
(Hall 1980: 50); er bindet jedoch letztlich alle Rassismen paradigmatisch an
denfarbcodiertenKolonialrassismus.Das inKapitel 3.5.4ausführlichbehan-
delte ProblemdesRassismus ohneRassenwird von ihmzwarwahrgenom-
men(Hall2000:11),dienotwendigekonzeptionelleEntkoppelungvonRassis-
musund ›Rasse‹ vollziehtHall jedochnicht.KulturellerRassismus,der sich
nicht aufPhänotypoderGenetikbezieht,wirdvonHall alsPermutationdes
biologistischenRassismus inderEpochederEntkolonisierungbegriffen;die
langeGeschichtekulturalistischargumentierenderRassismenvorderAusbil-
dungdesRassenkonzeptsentgeht ihm.AuchHallskritischeRassismustheo-
rieverbleibtindiesemSinne»inderRassenfalle«(Hund2016).Hallverwendet
dieBegriffe ›race‹und ›racism‹ immerwiederquasi synonym.Wenneretwa
beschreibt,wieRassismusideologischeFormenbereitstellt, indenenspezifi-
schehistorischeErfahrungenundgesellschaftlicheWidersprücheverarbeitet
werden,nennter»race«als»themodalityinwhichclassis›lived,‹themedium
throughwhichclass relationsareexperienced, the forminwhich it isappro-
priatedand ›fought through‹« (Hall 1980: 55).Hall insistiert,dassRassismus
nichtaufeinenbewussteingesetztenSpaltungsmechanismusreduziertwer-
dendarf,denndieseFormenwirken–aufandereWeise,abernichtweniger
effektiv–für jene,die sichdurchdenRassismusalsAufgewertetewahrneh-
menkönnen:»Thisisnomereracistconspiracyfromabove.Forracismisalso
oneof thedominantmeansof ideological representation throughwhich the
whitefractionsoftheclasscometo›live‹theirrelationstootherfractions,and
throughthemtocapital itself« (Hall 1980:55).Zuerst isthieralso»race«dann
aber»racism«die»modality inwhichclass is lived«,dieBegriffewerdenaus-
tauschbar.25Dasmag imbritischenKontext einespostkolonialenRassismus
der 1970er Jahrenachvollziehbar sein.FürdieAnalysedesantimuslimischen
25 Ein Beleg dafür ist die Editionsgeschichte des einflussreichen Aufsatzes, der 1986 als
»Gramsci’s Relevance for the Study of Race and Ethnicity« veröffentlicht wurde (Hall
1986). Ihm liegt einBeitrag zueinem internationalenSeminar derUNESCOzugrunde,
denHall ein Jahr zuvorunterdemTitel »Gramsci’s relevance to the studyof racismand
ethnicity«gehaltenhatte(Hall1985,Herv.B.O.).DieVerschiebungvon»racism«zu»race«
imTitelwirdinderzweitenVersionjedochnirgendwoerklärt,wasdaraufhinweist,dass
dieBegriffefürHallaustauschbarwaren.
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik