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6 VonderKulturalisierungzurTemporalisierung 249
VerschiebunginBriefen,dieMarximhohenAlterandieSozialistinVeraSas-
sulitschinRusslandadressiert.DarinskizzierterMöglichkeitenrevolutionä-
rerUmwälzungen,dienichtdemModelldereuropäischenEntwicklungent-
sprechenund eigenständige soziale Formen auf derGrundlage spezifischer
sozialer Gemeinschaftsstrukturen hervorbringen könne (MEW19: 384-406).
VordiesemHintergrundkommtAndersonzumSchluss:
»TheforegoingdiscussionhasshownMarxtohavecreatedamultilinearand
non-reductionisttheoryofhistory,tohaveanalyzedthecomplexitiesanddif-
ferencesofnon-Westernsocieties,andtohaverefusedtobindhimself into
asinglemodelofdevelopmentorrevolution.« (Anderson2010:237)
DassAndersonsBuch»disprovesdecisively thenotion thatMarxismisaEu-
rocentric doctrine […] smacking of racism and possessing limitedworth in
eitherassessingthepastorguidingthepresentstrugglesoftheworld’speop-
lesofcolor«,wieeineenthusiastischeRezensionbehauptet(Foley/Chowdhury
2013: 411), ist sicherlichübertrieben.Zumal »Marxat theMargins«überden
Marxismus gar nichts aussagt, sondernKarlMarx und dessen intellektuel-
leEntwicklungvonden 1840er Jahrenbis zuseinemLebensendeAnfangder
1880erzumGegenstandhat.UndauchinderenBeurteilungistAndersondif-
ferenzierterundpräsentierteinenpolitischenTheoretikerundPraktiker,der
mitdendominantenhistorizistisch-rassistischenDenkweisenringt, sie sich
manchmalzueigenmachtundananderenStellendeutlichmit ihnenbricht.
Was Anderson zweifellos zeigt, ist dass die von Chakrabarty undGoldberg
vor- und etwa schon vonEdward Said ([1978] 2003: 153-156) vorweggenom-
mene,pauschaleSubsumptionderMarx’schenTheorieunterdasSignumdes
HistorizismusundEurozentrismusder genauerenPrüfungnicht standhält.
Angemessenerwärees,wieMassimilianoTombainseinerumfangreichenAr-
beit zu Zeitlichkeiten imMarx’schenWerk, von »historicist ambiguities of
Marx’s discourse« zu sprechen (Tomba 2012: 73; vgl. 67, Fn 24). Für die hier
verfolgte Frage ist das insofern relevant, als auch jenen,die angetreten sind
seinpolitischesundintellektuellesProjektfortzuführen,zumindestdieMög-
lichkeitzugestandenwerdenkann,aufeinennicht-historizistischenMarxzu-
rückzugreifen.14
14 FürausführlicheStudienzumZeitverständnisbeiMarxvgl. Tomba (2012),Harootunian
(2015)sowieBensaid(2002:7-93).
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik