Seite - 279 - in Im Namen der Emanzipation - Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Bild der Seite - 279 -
Text der Seite - 279 -
7 VonderRassismusanalysezurKonjunkturanalyse 279
alsozuzeigen, ›waseszuverkaufenhat‹.SiemussmitanderenWortenihre
Kommodifizierungakzeptierenundaktivunterstützen.«(Farris2011:331)
SaraFarris’AnalysedesFemonationalismusunterscheidet sichvon jenerdes
Homonationalismus alsonicht nur imAusschnitt desGegenstandsbereichs,
sondern auch signifikant inHinblick auf das vorgebrachte Argument. Far-
ris’ Versuch, die geschlechter- und sexualpolitische Dimension der ›musli-
mischen Frage‹ in eine Analyse der aktuellen Konjunktur des neoliberalen
Kapitalismuseinzubetten, führt sie zurAnnahme,dassderFemonationalis-
mus »hervorgegangen [sei] aus der sehr spezifischenNeukonfiguration von
Arbeitsmarkt,MigrationundArbeiterbewegung,welchedieneoliberaleKon-
terrevolutionder letzten30Jahrebewerkstelligthat«(Farris2011:331).Gegen-
über der an Puar anschließendenDiskussion hat dieses VorgehendenVor-
teil,dieFragederFunktionantimuslimischerRassismen in ihrer sexual-und
geschlechterpolitischenDimension ins Zentrum zu rücken. Farris’ Antwort
kann jedoch nicht überzeugen. Erstens ist ihre Prämisse schwer nachvoll-
ziehbar, dass die selektive Übernahme feministischer Rhetorik –2005 etwa
plakatierte die FPÖ imWienerWahlkampf den Slogan »Freie Frauen statt
Kopftuchzwang«–alsNachsicht gegenüberweiblichenMigrantinnenzu le-
sensei.ZahlreicheStudienbelegendenpatriarchalen,sexistischenundanti-
feministischenCharakterdergefordertenoder inRegierungsverantwortung
umgesetztenGeschlechterpolitikrechtspopulistischerParteien (vgl.Mayeret
al. 2014).Die selektive Inanspruchnahme feministischerRhetorik ist gerade
nichtbegleitetvoneinersubstanziellenAufweichungpatriarchal-sexistischer
Inhalte.DassrechteParteiengeradePraxenislamischerVerschleierung–und
damitmuslimische Frauen–besonders häufig zumZiel politischerKampa-
gnenmachen, lässt sichebenfallsnichtmitdieser Interpretation inEinklang
bringen.LetztlichbleibtderbehaupteteZusammenhangzwischenpolitischer
Ökonomieeinerseitsundantimuslimischer »sexualizationof racismandra-
cialization of sexism« (Farris 2017: 76) andererseits bei Farris unbelegt und
nichtnachvollziehbar.Die vonFarris vertreteneThese setzt einunplausibles
Maß an Information und Rationalität der handelnden politischen Akteure
voraus, die gesamtgesellschaftliche Reproduktionsanforderungen gezielt so
bearbeiten,dassnotwendigeCare-undGebärarbeit aufFrauenmitMigrati-
onserfahrungausgelagertwürde.Undselbstwennwireinsolchesannähmen,
bliebedieFrageoffen,warumsichdiefunktionaleIntegrationvonMigrantin-
nen indie sozialeReproduktiondesneoliberalenKapitalismuskulturell und
politischgerade als ›muslimischeFrage‹ artikulieren sollte. Farris behandelt
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik