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294 ImNamenderEmanzipation
ĂĽbersetzen:DieeigeneGesellschaft erscheintdannals emanzipiert vonSexis-
mus,PatriarchatundHomophobie;alsgerechthinsichtlichderMöglichkeiten
dessozialenAufstiegs;undalsdemokratisch,dageläutertvomFaschismusund
vordenGefahrenautoritärerPolitikgefeit.WasdiesesBild irritiert–anhal-
tendeUngleichheitderGeschlechterundDiskriminierungnicht-heterosexu-
ellerLebensweisen; verstärktesozialeUngleichheitundausbleibendersozia-
lerAufstiegbestimmter sozialerGruppen; erstarkendeautoritärePolitikfor-
men–kannaufdasAußendes/dermuslimischenAnderenprojiziertwerden.
IndiesemSinnewirkt der antimuslimischeRassismus alsHegemonieverhält-
nis. Er bietet unterschiedlich positionierten gesellschaftlichenKräfte »intel-
lektuelleundmoralischeFührung« (GH:1947)aufeineWeise,diebestehende
MachtverhältnisseperpetuiertundeineGemeinschaftmoralischÜberlegener
stiftet.DabeiwerdenDiskurselementemiteinander kombiniert, die aufun-
terschiedlichenMaßstabsebenenzirkulieren–vonderlokalenüberdienatio-
naleundregionalebishinzurglobalen–undineinesymbolischesowieaffek-
tiveÖkonomie eingespeist, die dieGegenüberstellung ›muslimisch–nicht-
muslimisch‹permanent,aberzugleichselbstreflexivundinimmerleichtver-
ändertenSequenzenhervorbringt.
GeorgeMorgan und Scott Poynting kommen in ihrer Zusammenschau
von Analysen antimuslimischerMoralpaniken zumSchluss, dass diesemit
einer »construction of imagined moral communities« einhergehe (Mor-
gan/Poynting 2012: 6). Der Aspekt des Moralischen als Register, in dem
antimuslimische Diskurse und Praxen ihre besondere affektive Aufla-
dung erhalten, ist auch imhier untersuchtenMaterial höchst bedeutsam.6
Die Abwertung der muslimischen Anderen wird hier durch diemoralische
Ăśberlegenheit der eigenenWerte vollzogen. Ich spreche deshalb von einer
6 MehrereRedakteurInnenberichten inden Interviews, dassdieRĂĽckmeldungenausder
LeserInnen-bzw.SeherInnenschaft zuThemen,diemitMuslimInnenoderdemIslamzu
tunhaben–etwa inFormvonLeserInnenbriefen,Anrufenoder inOnline-Foren–beson-
dersemotionalundkontroversausfallen.EinJournalistbeschreibtesso:»Leserbriefekom-
mennahezu immer, kommenverstärktbeiBerichterstattungüberMuslime,über Islam,
alsodamerktman,da istetwas inderBevölkerungauf jedenFallda,dabrodeltetwas.«
(A1m).Dieses »brodeln« kommt in zwei Fällen auch indenGesprächen selbst zumVor-
schein. In den Interviews A2m sowie G2m, in denen amdeutlichsten antimuslimische
Diskurselementeartikuliertwurden,wareinedeutlicheemotionaleErregungseitensder
Gesprächspartnerbemerkbar:WodieAblehnungalsmuslimischmarkierterPraxenoder
Werte zur Sprache kam, sprachendieBefragten lauter,wechselten in stärkerenDialekt
undbrachtenihreEmpörungdurchGestikundMimikzumAusdruck.
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Ă–sterreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Ă–sterreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik