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314 ImNamenderEmanzipation
7.5 Zwischenfazit:AntimuslimischerRassismus
alsHegemonieverhältnis
Der liberale, historizistische antimuslimische Rassismus ist weit mehr als
›nur‹eineFormderDiskriminierung.ErmachteinumfassendesAngebotkul-
turellerundpolitischerFührung, indemereinemoralischeOrdnungschafft,
in der das Eigene zugleich zur erstrebenswerten Normwie zur gefährde-
tenErrungenschaft erklärtwird.DasSelbstwird zumSpiegelbild des Spie-
gelbilds, zumAndereneinesAnderen,das rückständigundzugleichgefähr-
lichist.Diese imhistorizistischenantimuslimischenRassismuseingelassene
Selbstverortung ineiner imaginärenWertegemeinschaft istzudemattraktiv,
weil die ihr zugrunde liegendenMythen an Elemente des Alltagsverstands
anknüpfen,die,mitGramscigesprochen,»SpurautonomerInitiativeseitens
der subalternenGruppen« sind (GH: 2191). Sexuelle Emanzipation, sozialer
Aufstieg undDemokratisierungwaren und sind Begehren sozialer Kämpfe
undReformbemühungen, insbesondere in Folge des gesellschaftlichenAuf-
bruchs von 1968. In der Traumwelt des antimuslimischen Rassismus aller-
dings geraten sie zuMythen.Es sindMythen,weil sie die ambivalentenEr-
gebnisse dieser Kämpfe ausblenden undWidersprüche nicht zur Kenntnis
nehmen.DieeigeneGesellschaft–wechselndalsösterreichische,europäische
oderwestlichemarkiert–wirddarin als Errungenschaft dargestellt: eman-
zipiert,gerechtunddemokratisch,zumindest imPrinzip.Widersprüchliche
undwidersprechendeErfahrungen,etwamit vergeschlechtlichterUngleich-
heitundUnterdrückung,mitAusbeutungundAusgrenzung,Entdemokrati-
sierungundAutoritarismus,könnendurchdenVerweisaufdieFigurdes/der
muslimischenAnderenimAlltagsverstandkohärentundmitderdominanten
affektiven und symbolischenOrdnung kongruent gearbeitet werden.Diese
Konstruktion bezeichne ich, in Anschluss anHall (und Freud), als »Traum-
welt«.WiederTraumAufschluss über ungelösteKonflikte imUnbewussten
gibt,verarbeitetdieTraumweltdesRassismusungelösteKonflikte imGesell-
schaftlichen.SiebildetMythenaus,die jenen,die in ihn investieren,Teilha-
be aneinemwertvollen »public andpsychologicalwage« (DuBois 1985: 700)
bietenund sie aufGrundlagederhistorizistischenAbwertungdes/dermus-
limischenAnderen in eine imaginierteWertegemeinschaft vonÜberlegenen
integrieren.
DassessichbeidiesemHegemonieverhältnisumein rassistischeshandelt,
liegt nicht nur an der konstitutiven Spaltung zwischen der nicht-muslimi-
schen Norm und denmuslimischen Anderen, das ihm zugrunde liegt. Es
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik