Seite - 318 - in Im Namen der Emanzipation - Antimuslimischer Rassismus in Österreich
Bild der Seite - 318 -
Text der Seite - 318 -
318 ImNamenderEmanzipation
methodischenOperationalisierungverbunden.ImMittelpunktstehthierdie
UntersuchungdesAlltagsverstandssogenannterkleinerorganischerIntellek-
tueller. Ihr liegt die methodologische Hypothese zugrunde, dass sie einen
privilegierten Blick in die dynamischenHegemonieverhältnisse einer kon-
kreten Konjunktur ermöglicht. Dies konnte in den Kapiteln 5, 6 und 7 er-
probt und demonstriert werden. Insbesondere die Funktionsweise des his-
torizistischen antimuslimischenRassismusund seine konkreteEinbettung in
die jüngere österreichische Geschichte steht hier imZentrum. In Kapitel 7
konnte die Rassismusanalyse in eine Konjunkturanalyse überführt werden,
die die politisch-kulturelle Konjunktur Österreichs Mitte der 2010er Jahre
durch die ›muslimische Frage‹ liest und gesellschaftlicheKonflikt- undWi-
derspruchszusammenhängeaufdeckt,dieinderhistorizistisch-rassistischen
Konstruktiondes/dermuslimischenAnderen–oft implizit–verhandeltwer-
den. Das Konzept des historizistischen Rassismus erlaubt somit eine Ant-
wortaufdiezuBeginndieserArbeitformulierteFrage.DiediskursiveAbwer-
tungvonMuslimInnenbzw.des Islamkann imNamen liberaler, fortschritt-
licher oder emanzipatorischerWerte artikuliertwerden,weil die Konstruk-
tion der muslimischen Anderen als ›ungleichzeitige Subjekte‹ an Elemen-
te desAlltagsverstands anschließt, die als ›fortschrittlich‹ gelten.Das ›Fort-
schrittliche‹kippthierins›Fortgeschrittene‹dasjenehintersichlässt,aufdie
man als ›Rückschrittliche‹ oder ›Zurückgebliebene‹ blickt. Aktuelle Formen
derTemporalisierungdes/dermuslimischenAnderen rufendabei langeeta-
blierteMuster rassistischerAbwertungaufundreproduzierensie variierend
unterneuenBedingungen.Deshalbsindsiekonsequenterweisealshistorizis-
tischerantimuslimischerRassismuszubezeichnenundzubegreifen.
Zwei Besonderheiten sind dabei festzuhalten. Erstens kommt der his-
torizistische antimuslimische Rassismus, im Unterschied zu den in Kapi-
tel 6.3 beschriebenen historischen Varianten des »racial historicism«, ganz
ohneVerweis auf Rasse-Kategorien aus. Er kombiniert ›prä-rassische‹, also
vor der Entwicklung des Rassendenkens ausgebildete Formen rassistischer
Diskriminierung von »Wilden« durch »Zivilisierte«, diemit einer »histori-
sierten Version des Barbarenstereotyps [arbeiten]« (Hund 2018: 51),mit ei-
nem ›post-rassischen‹Rassismus inEuropa,der, zumal indenpost-nazisti-
schendeutschsprachigenLändern,dieTerminologiederRassenlehreabstreift
(Lentin2014a,2014b).Eshandelt sichbeidemhistorizistischenantimuslimi-
schenRassismusalso imbuchstäblichenSinneumeinenRassismusohneRas-
sen.ZweitenszeigtesichimuntersuchtenMaterial,dassdiehistorischeSchei-
delinie zwischen ›uns‹ und denmuslimischen ›Anderen‹ von denBefragten
Im Namen der Emanzipation
Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Titel
- Im Namen der Emanzipation
- Untertitel
- Antimuslimischer Rassismus in Österreich
- Autor
- Benjamin Opratko
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4982-0
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 366
- Schlagwörter
- Rassismus, Österreich, Islam, Moslem, Fremdenfeindlichkeit, Religion
- Kategorien
- Weiteres Belletristik