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»Vor das Glück haben die Götter nicht den Schweiß gesetzt«, setzt
er seiner Aperçu-Sammlung »Von Goethe abwärts« als Motto voran.30
Hegt seine Abneigung gegen das »Problemateln«, gegen »Tanzproduk-
tionen mit Weltanschauung«31, gegen die »tiefbohrend-deutsche Ek-
stase, die sich mit dem Tatbestand der gottgefälligen Heiterkeit nicht
zufriedengeben kann«32.
Hat als Individualist eine »Scheu vor der Massenakustik, vor Auf-
zügen, Emblemen, Redensarten, vor allem aber vor dem donquicho-
tisch-pathetischen ›Wir‹«33.
Bekennender »Gegenteils-Fex«*34, ist er »ein Ausnahmsfall von re-
nitentem Geist«35, für den es »ein einziges argumentum ad rem« gibt:
»das argumentum ad hominem«36
– ganz nach dem Motto: »Nur nicht
gleich sachlich werden! Es geht ja auch persönlich.«37
Provoziert gern, legt den Finger auf den wunden Punkt, ist goschert
und »geschmacklos« und bis zuletzt programmatisch »taktlos«: »Wo
das Wort ›taktlos‹ fällt, ist man bald im Bilde! Die den gelben Fleck
noch innerlich, in ihrem subalternen, kulturübertünchten Herzen tragen,
sind stets die geborenen Flüsterer und ›Pst!‹-Macher. Bekleiden sie aber
gar den Hofratsrang, jene Würde also, wo das Buckerlmachen und
Leisetreten nach oben sich mit dem Profoßenton nach unten verbinden
darf, dann bekommt der ›Takt‹ einen Polizeicharakter.«38
Mit sich selbst verfährt er ebenfalls keineswegs zimperlich. Selbst-
ironisch, macht er kein Gewese um sich. Daß er als Stegreif-Sprecher
und damit Artist vom Zimmermädel seines Wiener Hotels auf eine
Stufe mit deren Tante, der »Tätowierte[n] aus’n Wurstelprater«, gestellt
wird, jener Riesendame, »deren ganzer Leib mit pikanten Bildern bemalt
ist (›Konswärkä … lauter Konswärkä … Konswärkä an den Armen,
Konswärkä an den Beinen, ja Konswärkä sogar auf dem Steiß …!‹
verhieß der Ausrufer)«39, amüsiert ihn. Daß er immer und überall alle-
samt in Grund und Boden sprudelt, seinem Laster des Nicht-zu-Wort-
kommen-Lassens, schreibt er’s schmunzelnd zu, daß er nach Jahren in
* Franz Jung sieht 1930 Anton Kuh, neben Franz Blei, unter den prospektiven
Mitarbeitern seiner in Gründung befindlichen Monatsschrift »Gegner«,
die »gegen die herrschende Ansicht in ihrem Stoffgebiet Prinzipielles zu
sagen haben«, als Garanten für den programmatischen »geistigen Außen-
seiter-Standpunkt« des Periodikums (Franz Jung: Prospekt für den Inhalt
der Zeitschrift. In: Briefe und Prospekte. Dokumente eines Lebenskonzep-
tes. Zusammengestellt und kommentiert von Sieglinde und Fritz Mierau.
Herausgegeben von Lutz Schulenburg. Hamburg 1988 [= Franz Jung:
Werke in Einzelausgaben, Bd. 11], S. 170-171).
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Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien