Seite - 19 - in Anton Kuh - Biographie
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Nach dem »Hingang« ihres »Herzenskindes« – Georg stirbt am
27. November 1919 an Blutvergiftung
–, das nach der Rückkehr aus den
USA in seiner neuen Karriere als Journalist – er publiziert unter dem
anglisierten Vornamen »George« unter anderem im »Neuen Wiener
Journal« – keinen Boden unter die Füße bekommt, obwohl Auguste
Kuh sich für ihren von ihr verzärtelten, unleidlichen Ältesten bei Ar-
thur Schnitzler und Hermann Bahr verwendet, klagt sie letzterem ge-
genüber: »Neid und Scheelsucht eines nur auf seine Geltung bedachten
jüngeren Bruders« hätten Georg »von jedem Unternehmen ferngehal-
ten«. Er sei in der Verbitterung gestorben, »von seinem Bruder, dem er
echte Liebe und neidlosen Beifall gezollt, verächtlich beiseite geschoben
worden zu sein.«18 Ähnlich in einem Brief an Arthur Schnitzler: Georg
sei von seinem Bruder »in seinem ganzen schriftstellerischen Bestreben
fürchterlich unterdrückt« worden.19
Nicht als küchenpsychologische Erklärung von Anton Kuhs behaup-
teter »Scheelsucht«, sondern als einziges weiteres Zeugnis, das etwas
Licht auf die Stellung der zwei Kuh-Brüder innerhalb der Familie wirft,
hier die »Aussage« von deren ältester Schwester: Auguste Kuh habe
Anton, mit seinem gewinnenden Charme von Kindesbeinen an Every-
body’s Darling, dem älteren Bruder gegenüber von klein auf geradezu
stiefmütterlich zurückgesetzt, weil sie ihn als Konkurrenz für den von
ihr vergötterten »Erstgeborenen« betrachtete.20
Näher dran an Wedekind, aber auch kaum besser ausgeleuchtet ist
die Rivalität der Kuh-Schwestern um Otto Gross, den charismatischen
Verfechter umfassender Libertinage, dem »sexuelle Revolution, Hetä-
rentum, Matriarchat, Polygamie, Orgie […] keine Gedankenspiele und
keine spekulativen Felder [waren], sondern ein geistig-körperlicher
Aktionsraum, in den er andere einbezog und den er mit anderen be-
siedelte«.21 Stets mit von der Partie: Opium, Morphium, Kokain.
Mizzi lernt Gross vermutlich im Sommer 1914 kennen, als dieser sich
nach seiner Entlassung aus der Landesirrenanstalt Troppau zur Nach-
behandlung bei Wilhelm Stekel im Bad Ischler Sanatorium Wiener
aufhält. Sie ist längerfristig mit ihm liiert, von 1914 bis zu seinem frühen
Tod 1920, hat mit ihm eine Tochter, die am 23. November 1916 ge-
borene Sophie.
Grete ist als Krankenpflegerin zur selben Zeit in Vinkovci, Slawonien
(heute Kroatien), stationiert, da Gross dort als Assistenzarzt Dienst tut
und seiner Ehefrau Frieda brieflich mitteilt, daß er seine neue Freundin
heiraten wolle.22
Nina wird im Juni 1918 nach einer heftigen Auseinandersetzung mit
Mizzi um Otto Gross von der Polizei einvernommen und gibt dort zu
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien