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Der durch den schneereichen und eisig kalten Winter 1916/1917 ver-
ursachte extreme Kohlemangel zieht nicht nur die Sperre der Theater-,
Konzert- und Kinosäle, die Schließung der Schulen, die beinah gänz-
liche Einstellung der öffentlichen Beleuchtung sowie die Vorverlegung
der Gaststätten-Sperrstunde nach sich, sondern im Feber auch eine
weitere Einschränkung des Betriebs der öffentlichen Verkehrsmittel.
Seit Ende September 1916 ist auch der Stellwagenverkehr auf ein Mini-
mum reduziert; man braucht die Pferde für »kriegswichtige« Transporte.
Per 13. Feber 1917 wird der Stellwagen außer Dienst gestellt.124 Die
Einführung der Sommerzeit in Österreich-Ungarn im Jahr 1916 – der
Grund erhellt aus der amtlichen Kundmachung: »bessere Ausnützung
des Tageslichtes und Ersparung an künstlicher Beleuchtung«125
– kommt
Anton Kuh, den bekennenden Neurastheniker, besonders hart an.
Engpässe in der Versorgung Wiens mit Speisefett treten bereits 1915
auf. Amtlich festgelegte Höchstpreise ändern nichts an der exorbitanten
Teuerung der knappen Ressource. Mit 17. September 1916 wird zwar
die Fettkarte eingeführt, die zentrale Bewirtschaftung – die Rationen
werden laufend gekürzt: von ursprünglich 120 Gramm wöchentlich auf
60 im Jahr 1917 und auf 40 im Jahr 1918
– kann jedoch die Versorgung
nicht sicherstellen. Mit 25. Juli 1916 müssen auch Gastronomiebetriebe
an den zwei (ab 1. September 1916 drei) »fleischlosen« Tagen, dienstags
und freitags, die Speisekarte fleischfrei halten (die mit Mai 1915 in Kraft
getretene Verordnung betraf bis dahin per Verkaufsverbot nur Privat-
haushalte). Ab 27. Dezember 1915 gibt es per Verordnung keine Milch
mehr in den Nachmittagskaffee, ab 9.12.1916 wird er in Kaffeehäusern
gänzlich verboten.126
Ab 1. Januar 1915 wird der Brotkorb ruckweise höher gehängt. Mit
diesem Datum wird das Semmelkörberl per Verordnung von den Ti-
schen der Gastronomiebetriebe verbannt. Gut einen Monat später ist
auch die Kaisersemmel Geschichte, das »Kriegsweckerl« tritt auf den
Plan, bevor es, wie alles Kleingebäck, zwei Monate darauf verboten wird.
Mit der Einführung der Brotkarte im April 1915 wird auch in Gast-
häusern Brot nur mehr auf Kupons verabreicht. Ab 25. September 1916
ist die »Verabreichung von Brot an Gäste von Schank- und Speisewirt-
schaften im Lokale oder über die Gasse« überhaupt verboten.127
Am 9. Oktober 1916 begibt sich im k. k. Hof-Burgtheater eine denk-
würdige Szene – Hedwig Bleibtreu in der Rolle der Elisabeth, der Ehe-
frau Götz’: »Brotverteilung im Burgtheater. Als dieser Tage im Burg-
theater ›Götz von Berlichingen‹ aufgeführt wurde, kam es zu einem
merkwürdigen kleinen Zwischenspiel. Im dritten Akt – die Burg Göt-
zens ist von den Kaiserlichen belagert – erscheint die Frau Götz von
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