Seite - 43 - in Anton Kuh - Biographie
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»Sodbrennen im Artisten-Café« –
Der Sprechsteller
»Man muß ihn hören, nicht zitieren«;1»Anton Kuh läßt sich kaum ›be-
sprechen‹; er spottet im wahrsten Sinne des Wortes jeder Beschrei-
bung«;2 »Einen Vortrag Kuhs wiederzugeben ist sehr schwer. Man
müßte bei jedem Satze eine Regiebemerkung machen, die alle seine
Gesten und Grimassen wie auch das mitunter elementar losbrechende
Pathos schildert«;3 »Ein Feuerwerk in dürren Worten zu beschreiben
ist eine undankbare Sache. Man kann sagen: es gab eine große Hellig-
keit und einen anmutigen Funkenregen. […] dann habe ich vielleicht
festgehalten, was Kuh gesagt hat, aber ich habe den Leser um das Beste
betrogen: um den Genuß, wie er es gesagt hat. Denn es ist unmöglich,
den ästhetischen Genuß eines Feuerwerks durch Druckerschwärze an-
schaulich zu machen. Er wirkt nur unmittelbar auf die Sinne …«4 –
Zahlreich beklagen Rezensenten ihre Verlegenheit, die Eindrücke, die
während eines Kuh-Vortrags auf sie hereinprasseln, auch nur näherungs-
weise auf Papier zu bannen. Man müsse ihn erleben, alles andere könne
nur ein müder Abklatsch sein.
Der Versuch, über Kuhs »Hauptwerk«
– und das sind seine Stegreif-
Reden
– zu handeln, das für alle Zeiten als verloren gelten muß, steht vor
der nämlichen Verlegenheit. Es gibt indessen zuhauf Besprechungen,
die eine Ahnung von der fulminanten Bühnenwirkung des »Sprechstel-
lers«5 vermitteln.
»Schauspiel eines in Tätigkeit präsentierten Feuerkopfes«6; »Welt-
meister der Respektlosigkeit«7; »höchst eigenartige Kreuzung zwischen
dem Wiener Café Herrenhof und Fausts Studierzimmer«8; »Der Un-
behauste, Funkelnde, Selbstvernichtende, der Hirnzigeuner von lukiani-
schem Geblüt – der an irgendeiner Stelle Hörer packt und sonderbar
bewegt: über diesem ›Irrlicht‹ […] steht ein Stern«9; »dieser tempera-
mentvolle Klug- und Scharfsprecher«10; »Zwei Stunden Gedanken-
Artistik und etwas mehr, ein philosophisch-literarisches Labskaus, ein
Florettieren mit der Metaphysik und eine glanzvolle Solo-Parade der
Dialektik«11
– es kommt aber auch vor, daß Kuh nicht über den grünen
Klee gelobt wird.
Berthold Viertel spricht anläßlich des zweiten Auftretens von Kuh in
Prag weitere Eigentümlichkeiten des Stegreif-Redners an, die in abge-
wandelter Form immer wieder thematisiert werden sollten: »Denn das
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien