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Anton Kuh - Biographie
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90 Ehrensteins Lyrik korrigiert, »stumm gezückte Manuskripte stumm übernommen und durchfrisiert, wiewohl ich wußte, daß ich dem Autor mit dem Dreck auch einen Teil seiner Eigenart nahm«. Ehrensteins Schrift über ihn ist für Kraus ein »Bekenntnis von einer untermensch- lichen Ehrfurchtslosigkeit, wie sie vielleicht noch nie auf Papier exhibi- tioniert wurde«.40 Worum es dem »Diener am Wort« in der Auseinandersetzung mit den Expressionisten im Kern ging, erhellt aus den Formulierungen, mit denen Kraus das  – für ihn  – verwerfliche Programm dieser Autoren beschreibt: »Einem aufgelösten Leben mit einer aufgelösten Kunst zu antworten«;41 »zur neuen Weltordnung durch eine aufgelöste Syntax führen.«42 Und hinter einer anarchischen, ordnungswidrigen Sprache ein liederlicher Mensch, weil für Kraus Sprache und Moral unauflöslich verbunden sind. Die expressionistische Literatur, die »zur Sprache sich  ungefähr wie der Szamuely zum Leben verhält«,43 ist in Kraus’ (Un-)Verständnis ein einziges Vergehen wider die deutsche Literatur- sprache. Und in der hatte sich Kraus nun einmal eingerichtet  – als Polizist, Ankläger und Richter in Personalunion. Woraus immer sich der Vernichtungsfuror speist, Tatsache bleibt die Maßlosigkeit der »Erledigungen«, die nicht in camera caritatis einem Arbeitsjournal anvertraut werden, sondern auf offener Bühne, in einer in zwangloser Folge erscheinenden Zeitschrift mit einer Auflage von zwölf- bis fünfzehntausend Stück exekutiert werden. Wenn Ehrenstein von einem »infernalischen Mordversuch« an Kulka spricht, der »von einer blutgierigen Fackel versengt, gebrannt, gebrandmarkt, geschmort, geröstet« worden sei44, mutet das wie eine zimperliche Übertreibung an. Die Bannflüche Kraus’ kamen allerdings einer symbolischen Ver- nichtung derer gleich, die sie trafen. Die waren  – wie Kulka, der nach der »Erledigung« durch Kraus zum »Literaturdieb«45 abgestempelt war  – stigmatisiert. Elias Canetti, dem seine ergebene Unterwerfung unter die Meinungs- und Urteils-»Diktatur« Kraus’ noch Jahrzehnte im nachhinein hörbar peinlich ist: »Ein Feind von Karl Kraus war ein verwerfliches, ein un- moralisches Wesen; und wenn ich auch nicht, wie es in späteren Dikta- turen üblich wurde, an die Ausrottung des vermeintlichen Ungeziefers ging, so hatte ich doch, ich muß es mit Scham gestehen  – […] meine ›Juden‹, Menschen, von denen ich wegsah, wenn ich sie in Lokalen oder auf der Straße traf, die ich keines Blickes würdigte, deren Schicksal mich nichts anging, die für mich geächtet und ausgestoßen waren, deren Berührung mich verunreinigt hätte, die ich allen Ernstes nicht mehr zur Menschheit zählte: die Opfer und die Feinde von Karl Kraus.«46 Die
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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