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Anton Kuh - Biographie
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104 »Mit den Waffen von Otto Gross und Sigmund Freud ins jüdische Schlafzimmer«  – »Juden und Deutsche« In Berlin schwingt Anton Kuh sich zu dem Versuch auf, »über Juden und Deutsche Endgültiges zu sagen«,1 zu jener seinerzeit vieldiskutierten und neuerdings wieder vielbeachteten Streitschrift »Juden und Deut- sche«2, in der er zehn Jahre vor Theodor Lessing mit dem umstrittenen Begriff »jüdischer Selbsthaß« operiert.3 Im Epilog4 tippt er sich selbst auf die Schulter: Gemach, gemach! Ist das Wortwerkel nicht allzu geschmiert gelaufen, sind die Rechnungen, die du angestellt hast, nicht allzu glatt aufgegangen?! Nicht von ungefähr: Es ist starker Tobak, was er in seinem 114seiti- gen »völkerpsychologischen« Großessay »Juden und Deutsche«  – im Frühjahr 1921 im Berliner Expressionisten-Verlag Erich Reiß erschie- nen  – alles auffährt. Aber nicht daß er Angst vor der eigenen Courage bekommen hätte: Er hält mit Bestemm an den provokanten Thesen fest, die er in aufsehenerregenden Vorträgen im Winter 1919, 1920 unter dem Titel »Die Tragik des Judentums« in Prag, Teplitz-Schönau und Berlin zur Diskussion gestellt hatte.5 Wenn Kuh der »Jahrtausendpsychose der Juden« mit seinem »selbst- anklägerischen Judenblick«6 auf den Grund geht, wenn er »den« Juden der Moderne auf die Couch legt  – und nichts Geringeres ist seine Am bition  –, dann traktiert er ihn mit dem analytisch-diagnostischen Besteck, das ihm sein frühverstorbener Freund Otto Gross hinterlassen hat: mit einer sozialpsychologisch perspektivierten und kulturkriti- schen Variante der Psychoanalyse oder, salopp und mit Max Brod ge- sprochen: Er »dringt mit den Waffen von Otto Gross und Sigmund Freud ins jüdische Schlafzimmer«.7 Kuh versteht das Judentum als Begründer und Hüter eines traditio- nellen Begriffs der Familie, als Ursprung und Inbegriff von patriarcha- ler Ordnung, als Keimzelle jeglicher Machtinstanz und Brutstätte der Repression: »Der Vater, Ur-Besitzer, schwingt die Erhaltungsfuchtel. Die Mutter, in ihrem Glück verkrüppelt, hegt die Kinder als Krüppel; die Töchter sind lebendig aufgebahrtes, wie Topfblumen betreutes Verkaufsgut; und die Söhne« zerren, »Schaum um den Mund, unterlau- fenen Auges, an den Fesseln der Erinnerung«, meist jedoch ohne den »Käfigen  – ›Familie‹ genannt«8  – je zu entrinnen.
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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