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Anton Kuh - Biographie
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108 Die bleiben nicht unwidersprochen. Robert Weltsch hatte sich, aus seiner zionistischen Perspektive, in der Besprechung des Berliner Vor- trags schon an der von Kuh postulierten »Sendung des Judentums«, »den europäischen Völkern das Chimärische des Begriffes ›Heimat und Scholle‹ zu beweisen« und dagegen »Heimat als ideale Projektion menschlicher Beziehungen« zu setzen, vehement und als Ausdruck ebenjener »Selbstverleugnung« gestoßen, die Kuh dem modernen Juden- tum pauschaliter unterstellen wollte, und ihm Weltfremdheit, Ver- kennen der prekären gesellschaftlichen Stellung der Juden vorgeworfen.34 In dieselbe Kerbe schlägt Elias Hurwicz in der Berliner Monatsschrift »Der Jude«: Kuhs anarchistische Auffassung des Judentums sei »Aus- geburt des [nicht erst von Kuh diagnostizierten] Überintellektualismus, der in der Diaspora so üppig« wuchere, »Edelanarchismus«.35 Ähnlich Alfred Döblin, der »Juden und Deutsche«  – »ein sehr rapid und witzig geschriebenes Buch«  – im »Neuen Merkur« in sechs Zeilen obenhin abtut und das Fazit zieht: »Was nützt aber aller Witz, wenn der Autor nur über fünf seiner Bekannten schreibt.«36 Die von Efraim Frisch herausgegebene Münchner Kulturzeitschrift führt Kuhs Essay indes in der Rubrik »Empfohlene Bücher aus dem Einlauf der Re daktion«, neben Max Webers »Gesammelten politischen Schriften«, Bertrand Russells »Grundlagen für eine soziale Umgestaltung«, Franz Werfels »Spiegelmensch«, Robert Musils »Schwärmern« und Albert Ehren- steins »Briefen an Gott«.37 Ansonsten hebt jeder hervor, was ihm in den Kram paßt: Der Re- formrabbiner Max Dienemann, einigermaßen hilflos vor der Wucht der Kuhschen Tiraden, vermerkt in der »Allgemeinen Zeitung des Juden- tums« anerkennend Kuhs Polemik gegen den Zionismus und vor allem gegen die »Verhimmelung der Ostjuden« von dieser Seite.38 Hatte Kuh schon anläßlich einer Aufführung von Arnold Zweigs Drama »Ritual- mord in Ungarn« an der Neuen Wiener Bühne im Oktober 1919 gegen die Folklorisierung der Leiden der ostjüdischen Bevölkerung vehement Einspruch erhoben39, so polemisiert er nun in »Juden und Deutsche« gegen die den Zionisten so werte Idolisierung und Stilisierung der Ostjuden zu einer Art unverdorbener Urjuden. Auch deren Begeiste- rung für »die jüdische alias jiddische Dichtung« ist ihm »in ihrer fein- schmeckerisch-übertriebenen Art« suspekt. Sie erinnert ihn an die Eu pho rie der Tschechen über die Königinhofer Handschrift, und er spöttelt über »diese[n] Stolz, zu einem neuentdeckten Volkstum nun auch eine prima Literatur zu besitzen«, die Kuh allerdings weniger ostjüdischen »Urduft und Bodenwürze« zu atmen scheint als vielmehr »Berliner Naturalismus«.40
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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