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Anton Kuh - Biographie
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110 Die rhapsodischen Suaden und gedanklichen Sprünge Kuhs ließen manchen Tageszeitungsschreiber eher ratlos zurück: Auch wenn er den forcierten Versuch, »Endgültiges« über Juden und Deutsche zu sagen, mit dem Satz resümiert: »Und dann  – dann kennt man sich nimmer- mehr aus«, bezeichnet Siegmund Meisels »Juden und Deutsche« als »das couragierte Buch eines stolzen Juden«.46 Die Rolle des couragierten, stolzen Juden verkörpert Kuh so nach- drücklich gegen jede Konjunktur, die stramm auf Nationalismus steht, und so ostentativ, daß er zum Feindbild der antisemitischen Rechten wird. Max Brod attestiert ihm eine »rückhaltslose Bekennerschaft zum Judentum«, rechnet ihm hoch an, daß er in »Wiener und Prager Litera- tenklüngeln und Salons, in denen es bisher verpönt war, das Wort ›Jude‹ auszusprechen (schon um die vielen getauften Juden, die dort verkeh- ren, nicht zu verstimmen […]), mit der ihm eigenen Ungeniertheit vielstündige Diskussionen über das Judenproblem [inauguriert], in deren Verlaufe er (man höre und staune) nicht nur das Wort Jude andauernd und schwungvoll ausspricht, sondern auch das Wesen des Judentums als welterlösend bejaht und dem offiziellen Deutschtum allerlei Übles, zum Beispiel eine gymnasiale Ideologie, vor allem aber den assimilier- ten Deutschjuden das Allerpeinlichste nachsagt.«47 Nicht bloß spricht Kuh das Wort »Jude« ungeniert aus, er begnügt sich gar damit  – wie er in einer Polemik gegen den Theaterkritiker der zionistischen »Wiener Morgenzeitung«, Otto Abeles, klarstellt, »Jud« zu sein. Er (Kuh spricht von sich in der dritten Person) verzichtet auf das »wehrhaft-pathetische Suffix ›e‹ […], womit die Anhänger des zionisti- schen Gedankens im Einklang mit übrigen Nationalisten bekräftigen: daß die Zugehörigkeit zu einer Nationalität eine sehr seriöse Angelegen- heit ist, wobei es nichts zu lachen gibt  – verstanden? Aber eben um den Mangel dieses ›e‹  – es ist eigentlich ein breitausklingendes, Akzent tra- gendes ›ää‹  – [ist] er der natürlichen Blutbewußtheit immer näher«.48 »Von gewissen Menschen möchte man sagen: sie schriftdeutscheln. Das heißt: sie sprechen die Bildungssprache wie eine Demonstration gegen den Jargon, der in ihrer Kehle steckt«, so spitzt Kuh das Thema zu einem »Physiognomik«-Ausspruch zu.49 Wenn er mauschelt, ist das keine billige Effekthascherei, sondern  – dem »stupiden Antisemitismus des Gehörs gegen eine gutturale Lautgebung«50 zum Trotz und mit dem Hans Liebstoecklschen Bonmot »Sehen Sie, das ist der Unterschied zwischen uns, Herr Nagelstock: ich kann jüdeln und Sie müssen!« als Programm  – ein Bekenntnis.
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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