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Das is zwar ka Unglück / Aber do is a Schand’! / im Zeichen der
›Rechtsangleichung‹ wegen Hochverrats zu fünf Jahren Zuchthaus ver-
donnert«!67
Eine Lesung aus Anton Kuhs »gedruckten und ungedruckten Schrif-
ten« – darunter »Die Naturgeschichte des Renkontres«, »Aus dem
Land des Alkohols«, »Moissi vor Gericht«, »Ungarische Gedanken-
splitter«, »Das Telephon«, »Beamtenstreik«, »Dialog mit Preisrätsel«,
»Wiener Revolution« – ist für den 7. Feber 1928 unter dem Titel
»Anton Kuhs Panoptikum. Von Grinzing bis Peking« angekündigt.68
Daß das Wort »Vorlesung« auf dem Plakat nur ein Druckfehler
sein kann, mutmaßen jene, die ihn kennen. Kuh, der sich sei-
nem Publikum als »Exilant« vorstellt, der sich, »die fortschrei-
tende Vertrottelung dieses Staates vorausahnend, in die bessere
geistige Atmosphäre Berlins« geflüchtet habe, »in der er sich
leiblich wie in Sibirien fühle«,69 liest aber nach einem improvi-
sierten Auftakt tatsächlich, nämlich »die bekannten oder auch
nicht bekannten Kuh-Artikel, bei deren Lektüre man sich
immer gedacht hat: ›Schade, das müßtest du ihn vortragen hören!‹, und
es waren eingestreut die bekannten Kuh-Bonmots, in Freundeskreisen
erzählt, bei denen man sich dachte: ›Schade, das müßte er eigentlich
niederschreiben!‹ […] Der Kabarettist Anton half dem Literaten Kuh
einige seiner politischen Satiren zur stärksten Wirkung zu bringen.«70
–
»Beifallsgeprassel«71 im bummvollen Mittleren Konzerthausaal.
»Auf allgemeines Verlangen« wird sechs Wochen darauf ein zweiter
Termin angesetzt, der dann aber mitnichten eine »Wiederholung« ist.
»Bis auf ein paar Kleinigkeiten« bringt Anton Kuh, aus dem Stegreif
plaudernd und vom Hundertsten ins Tausendste kommend – Neues:
»[E]r verulkte die sittliche Entrüstung der Empörten ›aus den siebziger
Jahren‹, die eine Jugend vor ›Schund und Schmutz‹ schützen zu wollen
vorgeben, in Wahrheit aber sich selbst vor einer Jugend schützen wol-
len«,72 und bringt dabei als »wuchtige[n] Zeuge[n] gegen vielen bärtigen
Ernst« die »gewichtige Stimme des fünfzehnjährigen Etagen-Piccolo
eines Berliner Hotels« zu Gehör.73 Dann, »einmal auf dem
politischen Fechtboden angelangt, klopfte er die ›Anschluß-
frage‹ auf Phrase und Wahrheit ab, die Bemühungen um eine
›Rechtsangleichung‹ verspottend, die vorgeschoben werde, um
einen ›Anschluß der Behörden‹ diesseits und jenseits der Grenze
in die Wege zu leiten, während der Anschluß von Volk zu Volk
erst erfolgen könne, wenn sich zwischen den Kellnern und Chauffeuren
in Berlin und Wien eine ›Angleichung‹ vollzogen hätte. Zwischen die
trotz ihrer beißenden Schärfe liebevollen Sottisen für Wien und die
Wien,
Konzerthaus,
Mittlerer Saal,
7.2.1928,
19.30 Uhr:
Anton Kuhs
Panoptikum.
Von Grinzing
bis Peking
Wien,
Konzerthaus,
Mittlerer Saal,
22.3.1928,
19.30 Uhr:
In Wien spukt’s
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien