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Anton Kuh - Biographie
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364 Daß das Reichsgericht »einem hergelaufenen Narren, einem Groß- maul und Poltron Gelegenheit geboten [hat], eine Brandrede zu hal- ten«, hatte Ossietzky  – vor dem Hintergrund der Erfolge der NSDAP bei den Septemberwahlen  – sarkastisch kommentiert: »Das Reichsge- richt ahnt den Herrn von morgen.«23 Daß es Reichwehr und Reichsgericht nun darum zu tun ist, an Os- sietzky ein Exempel zu statuieren, ist nur zu deutlich: Die Gutachter des Reichswehrministeriums müssen zwar vor Gericht bestätigen, daß »Windiges aus der deutschen Luftfahrt« in der Sache der Wahrheit ent- spricht. Das Gericht lehnt jedoch 19 von der Verteidigung namhaft ge- machte Zeugen, die bestätigen können, daß die Informationen »in Luft- fahrtkreisen« längst bekannt sind, ab. Spitzfindig wird der Tatbestand der Verletzung eines »relativen Staatsgeheimnisses« konstruiert. Den Vorsatz sieht das Gericht gegeben, der Angeklagte sei schließlich Pazi- fist. Das Urteil: Eineinhalb Jahre Gefängnis wegen Landesverrats, ge- nauer: »wegen Verbrechen gegen § 1 Absatz 2 des Gesetzes über Verrat militärischer Geheimnisse vom 3. Juni 1914«. Ein Willkür-Urteil, un- mißverständlich. Und es wird auch als solches verstanden  – alle repu- blikanischen Zeitungen sehen in diesem Urteil einen Anschlag auf die Pressefreiheit schlechthin und protestieren dagegen. »General-Quit- tung« lautet denn auch der Untertitel von Kurt Tucholskys Abschieds- artikel »Für Carl v. Ossietzky«.24 Und ebenso wie Tucholsky, dem »markige Abschiedsworte« an die Adresse eines »so unpathetischen und stillen Kameraden« wie seines Freundes Ossietzky unangebracht erscheinen, hält Kuh »Rütlischwüre« für fehl am Platz. Man würde sich damit bloß eine Macht vorgaukeln, »die man nicht hat und für einige Zeit kaum haben wird«. In gewissen Zeiten sei die »letzte Notwehrwaffe: das Eingeständnis, dass man macht- los ist. Die Zustände benennen  – das ist das einzige, was der Machtlosig- keit übrigbleibt. Man bewirkt damit mehr als durch ganze Papierberge von Protesten und Beschwörungen, in denen der Willkür ins Gewissen geredet wird. Man bewirkt: Klärung. / Es ist für Tausende ein schmerz- licher Gedanke, dass diese Klärung gerade an Ihnen zum Exempel wird.« Und wenn Ossietzkys Freunde diesem mit einem zuversichtlichen »Für die Freiheit und Kraft von morgen!« Mut zusprechen, sieht Kuh Ossietzky »bei diesen Worten noch melancholischer werden. Sie wissen, gerichten) für den Fall eines kommunistischen Staatsstreichs  –, die Ende November 1931 bekannt werden und hohe Wellen schlagen, lassen ohnehin keinen Zweifel.
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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