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Anton Kuh - Biographie
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378 1933 – 1936 Aber mitnichten richtet er sich im »Wartezimmer« recht und schlecht ein  – er entfaltet eine rastlose Aktivität, um zu verhin- dern, was nicht mehr zu verhindern ist, tourt »agitierend« durch die tschechoslowakische Provinz, spricht am Abend des 24. April 1933 im großen Saal der Prager Produktenbörse unter dem Titel »Der Geist des Mittelalters oder Worüber man nicht sprechen darf« über den Geist der jüngsten deutschen Vergangenheit und Gegenwart, stellt den neudeutschen Nazi-Jargon in seiner »heroischen Geschwollenheit« bloß und spricht, immer wieder von Beifall unterbrochen, den Reichsrundfunk imitierend, »Weltgeschichte aus dem Bierkrügel«. Er wettert gegen den »Verrat der Intellektuel- len«, geißelt dessen deutsche Spielart mit ihrem »heroischen Willen zur Verschwommenheit«, die sie sich als »das Gefühlsmäßige« schönredet. »Zu denken; richtig und logisch zu denken« sei dagegen die Aufgabe der Juden, so das Fazit seines Vortrags, zu dem er von Heines Diktum ausgehend, die Juden seien die Preußen des Orients, gelangt. »Die Richtigkeit dieses Satzes«, referiert der Rezensent des »Prager Tag- blatts«, »erprobt Kuh durch die Umkehrung, die Preußen seien die Juden des Okzidents. Pochten nicht einst die Juden, wie heute die Deutschen, auf eine sittliche Mission, die sie in der Welt zu erfüllen hätten? Sie waren die preußische Ausnahme in der orientalischen Welt und haben ihre Heimat, haben das Rennen verloren. Dieses Wissen tra- gen die Juden in Blick und Wesen. Die Augen des Juden sind eine Ver- kehrsstörung in dem ›metaphysischen Drang‹ seines Verfolgers. Sie strafen ihn Lüge.«27 An diesem 24. April macht Kuh ein dubioser Anruf in seinem Prager Hotel erst stutzig und dann mißtrauisch: eine »knabenhaft-forsche, norddeutsche Stimme«, »Fritz Herbert M. […], Vogelzüchter aus Mei- ßen«, der Deutschland der Nationalsozialisten wegen habe verlassen müssen. Er bittet um ein Treffen und erkundigt sich nach Theodor Lessing, der tags darauf mit dem Vortrag »Was soll mit den Juden ge- schehen?« auf Einladung von »Paole Zion« im Saal der Städtischen Bibliothek gastiert. Kuh wimmelt den lästigen Anrufer ab und warnt Lessing, den er persönlich nicht kennt, telephonisch vor dem, wie er argwöhnt, Nazi-Schergen, der wer weiß was im Schilde führt.28 Dies- mal kommt Lessing noch davon. Vier Monate darauf, am 31. August, erliegt er den Schußverletzungen, die ihm drei nationalsozialistische Attentäter tags davor in seinem Haus in Marienbad / Mariánské Lázne˘ zugefügt hatten.29 Schon im Juni 1926, als Lessing auf massiven Druck Prag, Produktenbörse, 24.4.1933, 20 Uhr: Der Geist des Mittelalters oder Worüber man nicht sprechen darf
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Anton Kuh Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Anton Kuh
Untertitel
Biographie
Autor
Walter Schübler
Verlag
Wallstein Verlag
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8353-3189-1
Abmessungen
13.8 x 22.2 cm
Seiten
576
Kategorie
Biographien
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