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Außer einer Erwähnung in einem Brief Walter Hasenclevers10 und
einem vierzeiligen Brief der »Pariser Tageszeitung« an Kuh, der »p. A.
Mme Troller / Hôtel Burdigala / 81, Rue La Boëtie / Paris 8e« adressiert
ist11, zeugt weiter nichts von seinem zweimonatigen Aufenthalt in Paris.
Immerhin der erste Hinweis auf die Frau, die Kuh in den USA heiraten
wird.12
Kuh kommt am 1. Oktober 1938 auf der S. S. Paris, die am 24. Sep-
tember 1938 in Le Havre abgelegt hat, in New York an. Auf der »List
or Manifest of Alien Passengers for the United States Immigrant In-
spector at Port of Arrival« immerhin eine Adresse: »Home, 118 East
42nd Str. New York City«.13
Am 11. Januar 1939 kommt Kuh auf der S. S. Paris, die acht Tage
davor in Southampton abgefahren ist, in New York an. Auf der »List or
Manifest of Alien Passengers for the United States Immigrant Inspector
at Port of Arrival« neben Angaben zur Person immerhin eine Angabe
zum letzten Aufenthaltsort: »Hotel Howard, Norfolk Str., London,
England«.14
Helen Blank, geborene Bilber, Jg. 1917, ehemals Lehrerin an der jüdi-
schen Volksschule in der Wiener Malzgasse, die im Januar 1939 in New
York ankam und bis Juni 1939 als »Hat-check girl« (Garde robiere) im
»Austrian nightclub« »Old Grinzing« arbeitete15, einer Art
Stadt-Heuri-
ger und Veranstaltungslokal an der 79. Straße, Ecke Zweite Avenue, hat
Anton Kuh in guter Erinnerung. »Er kam oft. Er sass allein an einem
kleinen runden Tisch, sprach fast nie mit jemandem, machte einen
traurigen Eindruck. (Der stille Zecher.) Er trug circa 5 × 7 Inches grosse
weisse unbeschriebene Karten mit sich. Wenn ihm etwas einfiel, schrieb
er fleissig auf einer dieser Karten. Eines Abends winkte er mich zu sei-
nem Tisch und reichte mir eine von oben bis unten vollgeschriebene
Karte. Es war ein langes Gedicht in Odenform. Die Ueberschrift war
›An Helene‹, also an mich. In hoechst erotischem Stil eine Beschreibung
seines Eindrucks einer jungen Wiener Frau. Ich kann mich an kein
Wort erinnern, nur dass es sehr sinnlich auf mich wirkte. Sie hatten
mich in ein dekolletiertes Dirndl mit einem schwarzen Samtband um den
Hals gesteckt. Auch um den Hals ein Band mit einem grossen Tablett,
das an meinem Busen saß. ›Zigarren, Zigaretten!‹ war mein staendiger
gut wienerischer Ruf. À la Ottakring. / Kuhs poetisches Portrait von
mir – sicher gut gemeint – hat mich dummes Maedel schrecklich ge-
niert. Nur einmal las ich das Gedicht und versteckte es in einer Schub-
lade, bis ich es kurz vor meiner Ehe im August 1940 hervorholte und
vernichtete, damit es mein Mann nicht zu Gesicht bekomme.«16
Am 10. Feber 1939 erreicht Kuh ein Brief von Prinz Löwenstein, der
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien