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folgende Adresse trägt: »Herrn Anton Kuh / 10 East 83rd Street / New
York City«. Zu seinem fünfzigsten Geburtstag am 12. Juli 1940 stellt
sich Rudolf Kommer brieflich gratulierend ein. Postwendend bedankt
sich Kuh für die Glückwünsche und für ein mitgesandtes Buch von
Oskar Levy, das insofern von ihm, Kuh, sein könnte, »als es aus fal-
schen Prämissen zu brillanten Folgerungen gelangt«.17
Ob sein Mäzen aus europäischen Tagen dem Buch ein paar Scheine
beigelegt hatte, bleibt ungewiß. Gottfried Reinhardt, den Kuh bei dessen
kurzen Aufenthalten in New York »ebenso erbarmungslos wie unter-
haltend auszurauben pflegt«,* gibt er auf dessen Frage, weshalb er denn
* »Mein Telefon läutete in New Yorks Sherry Netherland-Hotel und weckte
mich. Ich war verkatert und ziemlich verärgert, denn ich hatte am Abend
zuvor ausdrückliche Anweisung gegeben, keine Anrufe durchzustellen, bis
ich von mir hören ließ. Außerdem galt meine generelle Anweisung, vor einer
Verbindung immer den Namen des Anrufers durchzugeben. Doch diesem
Anrufer war keine Zentrale gewachsen. Wenn es
– für ihn
– darauf ankam,
war ihm niemand gewachsen. / ›Gottfried Reinhardt‹, stürzte es auf mich
ein, ›Sie sollten sich schämen! Vor mir wollen Sie Versteck spielen? Ich
weiß, daß Sie seit drei Tagen in der Stadt sind. Und Sie melden sich nicht. Ja,
Sie lassen sich verleugnen. Und all das, weil Sie sich die lausigen fünfhundert
Dollar ersparen möchten, die Sie mir geben werden!‹ ›Zweihundertfünfzig‹,
brachte meine schwache Stimme zuwege. ›Also gut, dreihundertfünfzig‹,
beendete er die Diskussion. ›Wann sehen wir uns?‹ / ›Kommen Sie um sechs
Uhr heute abend in die Bar.‹ ›Warum? Wollen Sie nicht, daß ich sehe, wie
feudal Sie residieren?‹ ›Um sechs Uhr in der Bar‹, beendete diesmal ich die
Diskussion. Ich war Punkt sechs in der Bar, doch Anton Kuh verspätete sich.
Als Grund dafür gab er dann an, daß es für ihn wichtig sei, sich mit dem
Lebensstil seiner Kunden vertraut zu machen, ehe er sich in irgendwelche
Geschäfte mit ihnen einließe. Er habe sich die Mühe gemacht, meine Unter-
kunft zu besichtigen, und daraufhin 500 Dollar für zu niedrig eingeschätzt.
›Sie kennen mich, lieber Gottfried Reinhardt. Ich bin ein sozial denkender
Mensch. Was ich meiner Kundschaft berechne, ist stets ihren finanziellen
Umständen angepaßt.‹ […] ›Kuh, strapazieren Sie nicht meine Geduld!
Vierhundert Dollar und keinen Cent mehr! Es ist meine letzte Offerte!‹
›Bestellen Sie mir bitte einen doppelten Cognac.‹ […] Ich sah meinen Reisen
nach New York […] mit klaffender Ambivalenz entgegen. Ich konnte es
nicht erwarten, Stunden mit Kuh zu verbringen, andererseits versuchte ich
die Tage zu beschränken, die er mir oder vielmehr ich ihm zur Verfügung
stünde, um nicht mit einem zu großen Loch in der Tasche den Rückweg
anzutreten. […] / Mit Kuh zu rechten hatte keinen Sinn. Er war der bessere
Advokat, bestimmt des Teufels, ging es um Geld, aber auch gerechter Sa-
chen, wo er stets den richtigen Stand bezog. / Der doppelte Cognac hatte sich
inzwischen verdoppelt. Er wurde zur Flasche. Und die 400 Dollar wurden
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Buch Anton Kuh - Biographie"
Anton Kuh
Biographie
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Anton Kuh
- Untertitel
- Biographie
- Autor
- Walter Schübler
- Verlag
- Wallstein Verlag
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3189-1
- Abmessungen
- 13.8 x 22.2 cm
- Seiten
- 576
- Kategorie
- Biographien