Seite - 7 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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EINFÜHRUNG
Den Anstoß, sich mit der Gelehrtenmemoria in
Europa auseinanderzusetzen, bot das 650-jähri-
ge Gründungsjubiläum der Universität Wien.
Der bis dahin kaum erforschte Arkadenhof
des Universitätshauptgebäudes mit seinen über
150 Professorendenkmälern erwies sich als For-
schungsdesiderat für personenbezogene Univer-
sitätsgeschichte. Die Basis bot ein vom Jubilä-
umsfonds der Oesterreichischen Nationalbank
gefördertes Forschungsprojekt. Unter meiner
Leitung untersuchten Dr. Julia Rüdiger, Mag.
Andrea Mayr und Dr. Martin Engel den Arka-
denhof als universitäre Gedenkhalle, wobei un-
ter der Mitarbeit von Studierenden das Online-
Portal monuments – das Wiki zu den Denkmälern
der Universität Wien (https://monuments.uni-
vie.ac.at/) zu sämtlichen Denkmälern erstellt
wurde, das jeweils über das Denkmal, den Dar-
gestellten und den/die KünstlerIn informiert.
Im Rahmen des Workshops Scholars’ Mo-
numents (Institut für Kunstgeschichte, 24.–26.
September 2014) konnten erste Ergebnisse prä-
sentiert und im Austausch mit Wissenschaft-
lerInnen aus Europa und den USA in einen
internationalen Kontext gestellt werden. Die
fundierten Beiträge führten zu der Idee, Band
LXIII des Wiener Jahrbuchs für Kunstgeschich-
te diesem Thema zu widmen.
In unserem Forschungsprojekt ging es nicht
nur um den historischen Rückblick auf unter-
schiedliche visuelle Formen der Gelehrteneh-
rung, sondern aus gegebenem Anlass auch um
die Frage, ob das skulpturale Porträt heute noch
eine angemessene Form der Auszeichnung für
einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaft-
lerin darstellt. Der Arkadenhof der Universität
Wien war 2009 musealisiert worden, mit der Begründung, dass Porträtbüsten keine adäquate
Denkmalform mehr darstellen. Von verschiede-
nen Seiten wurde es aber zunehmend als Man-
gel empfunden, dass Frauen in der universitä-
ren Ehrenhalle keine Berücksichtigung gefunden
haben, zumal rund ein Drittel der Denkmäler
nach 1945 aufgestellt wurde, also zu einer Zeit
als bereits genügend international anerkannte
Wissenschaftlerinnen an der Wiener Universi-
tät forschten und lehrten. Iris Andrascheks In-
stallation zur vernachlässigten Frauenehrung
„Der Muse reicht’s“ (2009) kann daher nur als
Ausdruck des Protests verstanden werden, nicht
als Gedächtnismal für herausragende Wiener
Professorinnen. Die Künstlerin illustriert mit
ihrem Werk im Grunde Walter Benjamins Be-
merkung „Schwerer ist es, das Gedächtnis der
Namen losen zu ehren als das der Berühmten“
(Über den Begriff der Geschichte, 1939). Denk-
mäler für Namenlose können nicht zu Ikonen
und Vorbildern werden, ein Effekt, der nach den
Erfahrungen zweier Weltkriege als positiv emp-
funden wurde.
Der Beschluss des Senats, den Arkadenhof
für neue Denkmalsetzungen, speziell für Wissen-
schaftlerinnen, die an der Universität Wien ge-
lehrt hatten, zu öffnen, entfachte nun erneut die
Diskussion um die Denkmalform. Ist das „per-
sonifiziert – Denkmalhafte“ tatsächlich über-
holt, wie der Philosoph Burghart Schmidt 2014
in einer Veranstaltung an der Universität Wien
meinte, oder sollte die Scheu der Nachkriegsmo-
derne, Personen Denkmäler zu setzen, überwun-
den werden? Unterstützt von genderbewussten
Gruppen an der Universität Wien bewies Rektor
Heinz Engl Mut und schrieb 2015 anlässlich des
650-jährigen Gründungsjubiläums der Universi-
zurück zum
Buch Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa"
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken