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In Fortsetzung der Renaissancetradition
kommt es im 18. Jahrhundert auch in England
zu einer Wiederbelebung der klassischen Port-
rätbüste, wo sie häufig in Gips vervielfältigt zu
einem unverzichtbaren Ausstattungsstück in
Colleges, aber auch in privaten Studierräumen
wird. Mit Malcolm Baker (Riverside) konnte der
beste Kenner dieses Genres für einen Beitrag ge-
wonnen werden. Am Beispiel der Wren Library
des Trinity College in Cambridge verweist Baker
auf die lange Tradition der Verknüpfung von Au-
tor und Buch in den Bibliotheksprogrammen.
Nicht nur Gelehrte, auch Sponsoren und ehe-
malige Studierende fanden dort Aufstellung. In
völligem Widerspruch zur klassisch distanzier-
ten Porträtskulptur entwickelte der Philosoph
Jeremy Bentham Ende des 18. Jahrhunderts die
außerordentliche Idee, den eigenen Körper als
Effigie zu verewigen und für immer am Uni-
versitätsleben teilhaben zu lassen. Pietro Conte
(Mailand) zeigt in seiner Studie, dass hinter die-
ser skurril anmutenden Bestimmung ein kunst-
theoretisch fundiertes Konzept der hyperrealis-
tischen Autoikone steht. Sara Ayres (London)
weist nach, welche Rolle das realistisch gemalte
Professorenbildnis noch heute an den Universi-
täten in Großbritannien spielt.
Zwei Beiträge widmen sich dem Gelehrten-
monument in der Grafik. Seltene bisher unver-
öffentlichte Beispiele eines „Portable Scholar’s
Monument“ in kunsttheoretischen Schriften
der Renaissance stellt Bernd Ernsting (Köln) vor,
während Hans Christian Hönes (London) an
einigen „Paper monuments for Antiquaries“ des
18. Jahrhunderts die Selbstinszenierung der Au-
toren (Winckelmann, Caylus, D’Hancarville)
in fiktiven grabmalartigen Frontispizen ihrer
Schriften behandelt.
Ist im anglikanischen Bereich das Denk-
malbewusstsein sehr stark ausgeprägt, wird es
im calvinistischen Genf zum Problem. Grégoire
Exter mann (Genf) zeigt, wie die Genfer Elite das
Tabu persönlicher Repräsentation im universi-
tären Raum umgeht und beispielsweise Jean- Jacques Rousseau, den berühmtesten Sohn der
Stadt, durch ein ganzfiguriges Denkmal im öf-
fentlichen Raum ehrt. Eine ähnliche Stellung
nimmt Gottfried Wilhelm Leibniz in Leipzig
ein. Silvia Schmitt-Maass (Leipzig) erörtert die
wechselvolle Geschichte der Aufstellung seiner
Kolossalbüste im Augusteum. Sigrid Ruby (Gie-
ßen) zeigt wie in der Universitätsstadt Gießen
die universitäre Gelehrtenehrung im 20. Jahr-
hundert wieder aufgenommen und in den Stadt-
raum eingebunden wurde, wobei dort erstmals
auch Frauen als Wissenschaftlerinnen gewürdigt
werden. Eine besonders große und noch heute
regelmäßig erweiterte Sammlung an Professo-
rendenkmälern besitzt die Humboldt Universi-
tät zu Berlin. Die Kustodin Angelika Keune (Ber-
lin) bietet einen Überblick über die Geschichte
der Sammlung und stellt die langwierige Entste-
hungsgeschichte des 2014 errichteten Denkmals
für Lise Meitner vor. Damit setzte Berlin einen
Maßstab, wie individuell angemessene Monu-
mente für bedeutende Wissenschaftler und Wis-
senschaftlerinnen heute aussehen können.
Der Umgang mit Gelehrtenmemoria in
den ehemaligen Ländern der Donaumonarchie
wird in drei weiteren Beiträgen dargelegt. Géza
Galavics und Balint Ugry (Budapest) bieten einen
Überblick über die Ehrung von Wissenschaftlern
in Ungarn von der Barockzeit bis heute. Die Er-
richtung von Büstenmonumenten, um etwa die
Zugehörigkeit zu einer Korporation auszudrü-
cken oder nationale Identifikation zu stärken,
ist dort bis heute selbstverständlich. Dies trifft
auch auf Slowenien zu, wo Jože Plečnik, wie
Barbara Murovec (Ljubljana) ausführt, am Be-
ginn des 20. Jahrhunderts Büstenreihen vor den
Gebäuden der Bildungsinstitutionen in das städ-
tebauliche Konzept Laibachs einplante. Am Bei-
spiel des Laibacher Denkmals für den Slawisten
Franz von Miklosich (slow. Miklošič), dem als
erstem Lehrstuhlinhaber für slawische Philologie
an der Universität Wien auch hier ein Denkmal
errichtet wurde, zeigt sie das Erstarken nationa-
ler Kräfte in Slowenien. In Böhmen führte nati-
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken