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DER ARKADENHOF IM HAUPTGEBÄUDE
DER UNIVERSITÄT WIEN: RUHMESHALLE,
GESCHICHTSGALERIE ODER CAMPO SANTO?
Ingeborg Schemper-Sparholz
Eine zufällig erhaltene Postkarte aus der Zeit
um 1900 zeigt den südlichen Gang des Ar-
kadenhofes (Juristenseite) der Universität Wien
(Abb. 1).1 Zu erkennen sind am letzten Pfeiler
nur das 1888 enthüllte Porträtrelief für den Juris-
ten und Justizminister Julius Glaser und an der
Schnittstelle der Arkadengänge das ganzfigurige
Denkmal für den Unterrichtsminister und Bil-
dungsreformer Leo Graf von Thun-Hohenstein.
Auf der Rückseite der Karte hat ein anonymer
Zeitgenosse das Wachsen des Denkmalensembles
verfolgt. Er bezeichnet in Anspielung auf die Re-
gensburger Ruhmeshalle den Arkadenhof als eine
Art Walhalla. Die Denkmäler werden 1906 und
ergänzend 1911 genau in ihrer Reihenfolge aufge-
listet. Der Verfasser der Postkarte vermerkt bereits
64 Denkmäler, die er in einem Rundgang, auf der
Juristenseite beginnend und sich im Uhrzeiger-
sinn fortbewegend, aufzählt, eine Leserichtung,
der sämtliche Beschreibungen bis heute folgen.
Noch vor der 1893 erfolgten Aufstellung der
prominenten Gruppe der Bildungsreformer (Leo Graf Thun, Franz Exner, Hermann Bonitz) im
linken Eckpavillon präsentierte sich die medizini-
sche Fakultät ihrem internationalen Ruf entspre-
chend. 1889 wurden rechts vom Stiegenaufgang
im nördlichen Arkadengang Büstenmonumen-
te für den Anatomen Josef Hyrtl und den Chir-
urgen Franz Schuh angebracht. Bezug nehmend
auf die Universitätsgeschichte stellte man ihnen
die Büsten ihrer Vorläufer Gerard van Swieten,
Josef Quarin und Andreas Josef von Stifft zur Sei-
te, die sich ursprünglich in der Alten Universi-
tät befunden hatten. 1905 wurde van Swieten auf
die gegenüberliegende Arkadenwand verlegt, um
den Naturwissenschaften als Ahnherr zu dienen
(Abb. 2). Es ist dies ein anschaulicher Akt für die
Neustrukturierung der Fakultäten, waren doch
die Naturwissenschaftler des 18. Jahrhunderts al-
le zunächst als Mediziner ausgebildet, ehe sie als
Vertreter von Einzeldisziplinen der philosophi-
schen Fakultät zugeordnet wurden.2 Dieses Bei-
spiel veranschaulicht exemplarisch, dass im Lau-
fe der Geschichte verschiedene Konzepte für
1 URL: http://www.metropostcard.com/publishersl.html, abgerufen am 25. Juli 2015. Die Firma C. Ledermann pro-
duzierte zwischen 1899 und 1909 in Wien. Da die Van-Swieten-Arkade noch nicht zu erkennen ist, muss die Auf-
nahme vor 1904 entstanden sein. Die Beschriftung lautet: 8m breite, mit 5 m breiten Öffnungen dem Hof zugewandte
Bogengänge- Die durch Aufstellung der Büsten und Reliefs zu einer Art Walhalla der Universität. Prof. Gestalten um-
schließen den Hof. Die Wölbungen des Arcadenganges sind mit Ornamenten geziert. Derzeit (November 19, durchgestri-
chen: März 1911) sind in den Arcaden […] Standbilder, Büsten und Relief […]. Es folgen die Namen der Professoren.
2 K. Mühlberger, Das „Antlitz“ der Wiener Philosophischen Fakultät in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Struktur und personelle Erneuerung. In: Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Bie-
dermeier und Sezession, hrsg. von J. Seidl (= Schriften des Archivs der Universität Wien 14), Göttingen 2009, S.
67–104.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken