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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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nun ausgezeichnete Professoren geehrt werden, die seit der Universitätsreform nach 1848 hier ge- lehrt haben und in Zukunft lehren würden. Kolle- gen und Studierende werden so mit der Geschich- te ihrer Universität konfrontiert, repräsentiert durch die Porträts ihrer Vertreter. Es war die Idee des Architekten Heinrich von Ferstel bzw. seines Schwagers und Nachfolgers Karl Köchlin und ih- res kunsthistorischen Beraters Rudolf Eitelberger von Edelberg. Der Kunsthistoriker Eitelberger hat sich massiv für die Bedeutung der Porträtplastik im öffentlichen Raum eingesetzt. Das Porträt ist zweifach wichtig für das Pu- blicum; für das Staatsleben und für das Famili- enleben. Der Staat bedarf der Porträtstatuen und Büsten nicht blos des Ruhmes, sondern auch der Selbsterhaltung wegen; denn er braucht seine Geis- tesheroen, seine Staatsmänner als geistige Stützen und die Erinnerung an dieselben. Es handelt sich sowohl darum, die Todten zu ehren, als auch die Lebenden zu erinnern, dass das staatliche Gebäu- de, in dem sie wohnen, die Frucht der Bemühungen jener Männer sei, deren Leben Jahrhunderte zu- rückreicht und noch Jahrhunderte nachwirkt. Alle gebildeten Nationen haben daher, solange sie ein Bewußtsein ihrer Grösse und Würde sich erhalten haben, das Andenken solcher Männer nach ihrem Tode durch Porträtstatuen zu ehren gesucht, aber sie haben sich gescheut mit lebenden Personen Ido- lation zu treiben. Denn der Cultus der Lebenden verlangt ein Mass und eine ethische Schranke, die zu überschreiten, feingebildete und die Würde der Menschheit achtende Nationen scheuen.15 Geschichte lernen über Porträtreihen war ein Erziehungskonzept der Aufklärung, das im Denkmalverständnis des Historismus fortlebt.16 Leistung und Fortschritt sollten durch die Dar- stellung einzelner Persönlichkeiten sichtbar ge- macht werden. So begegnet man in Wien ent- lang der Ringstraße Feldherren, Dichtern, Musikern in Einzeldenkmälern, aber kaum Ge- lehrten. Sie wurden in die Bauplastik der Bil- dungsbauten integriert. Eitelberger kritisiert die Aufstellung von Naturforschern in der Dachzo- ne des Naturhistorischen Museums, wo sie kaum wahrnehmbar sind, für ihn ein Beispiel für die Geringschätzung der Porträtplastik.17 Der Begründer des Instituts für Kunstge- schichte an der Universität Wien trug nach 1848 im Zuge der Bildungsreform unter Leo Graf von Thun-Hohenstein zum wachsenden Ansehen der Universitätsprofessoren bei.18 Die erstrebte Freiheit in Forschung und Lehre, die zu einer Differenzierung der Wissensgebiete an den Fa- kultäten führte, förderte das Bedürfnis der Pro- fessoren nach Selbstdarstellung als Vertreter ihrer Der ArkADenhof im hAuptgebäuDe Der universität Wien 15 schaft. Konzeptionen, Transformationen, Diskussionen (hrsg. von H. Bannert/E. Klecker), Wien 2013, S. 223– 246. 15 R. v. Eitelberger, Das Porträt, Vortrag gehalten im n.ö. Ständehaus in Wien 1860, in: Gesammelte Kunsthistori- sche Schriften, III, Wien 1884, S. 213–214. 16 Aus einem wohl getroffenen Porträt den Charakter des Dargestellten abzulesen fördere die eigene Hochachtung und Würdigung seiner Verdienste, denn das Wissen um das Aussehen eines Gelehrten wecke bei dem Betrachter das Bedürfnis, sich eingehender mit dessen Schriften zu beschäftigen, und schaffe letztlich einen Anreiz, der ihn zur Nacheiferung anspornt, heißt es bei Johann Jakob Brucker (1696–1770), der Mitte des 18. Jahrhunderts eine Bildnisvitenfolge zeitgenössischer Gelehrter aller Fakultäten herausgab, illustriert durch Mezzotinto-Porträts des Augsburger Stechers Johann Jakob Haid. Johann Jakob Brucker, Ehrentempel der Deutschen Gelehrsamkeit, in welchem die Bildnisse gelehrter, und um die schönen und philologischen Wissenschafften verdienter Männer unter den Deutschen aus dem XV. XVI. und XVII. Jahrhunderte aufgestellet, und ihre Geschichte, Verdienste und Merckwürdigkeiten entworfen sind, Augsburg 1747. 17 R. v. Eitelberger, Die Plastik Wiens in diesem Jahrhundert, in: Gesammelte Kunsthistorische Schriften, I, Wien 1879, S. 146–148. 18 T. v. Borodajkewicz, Aus der Frühzeit der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Rudolf Eitelberger und Leo Thun, in: Festschrift für Hans Sedlmayr (Hg. v. K. Oettinger und M. Rassem), München 1962. Vgl. auch den Beitrag von H. Szemethy in diesem Band.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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