Seite - 17 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Bild der Seite - 17 -
Text der Seite - 17 -
österreichische Landesregierung, in der barocken
Universitätskirche ein Denkmal für den Juristen
Franz Anton von Zeiller errichten zu dürfen.22
Nach Eitelberger hätte sich der gelehrte Pro-
fessor als Teil der vaterländischen Geschichte un-
ter Feldherren, Literaten und Musiker gemischt
– sakralisiert durch die Aufstellung im Kirchen-
raum wie in Westminster Abbey oder im römi-
schen Pantheon. Dieses Konzept war im Zeitalter
des Liberalismus aber nicht mehr aktuell.
Im neuen Haus am Ring sollten die Herren
am Ort ihres Wirkens verewigt werden als stän-
dig wachsende Gruppe, als Korporation, wie sie
in Form gemalter Porträts bis dahin in den Hör-
sälen und im Consistorialsaal verteilt waren.
Es gab wohl Überlegungen, Büstenreihen in
die Dekoration der repräsentativen Räume ein-
zubinden, doch ist das Programm nicht über-
liefert. Zeichnungen Ferstels von 1873 zeigen
die Festräume gegliedert durch ein ornamenta- les Rahmensystem im Stil der deutschen Renais-
sance und Bilder, die offenbar Szenen aus der
Universitätsgeschichte in Konnex mit den Habs-
burgern darstellen (Abb. 3).23 Über dem Gesims
sind Reihen von Porträtbüsten zu erkennen, bei
denen es sich wohl um Gelehrte handeln soll-
te. Auch im Dekorationssystem des großen Fest-
saales waren Büsten vorgesehen, wie noch heute
die tiefen ovalen Nischen zwischen den Fenstern
vermuten lassen (Abb 4).24 Solche gleichförmige
Büstenreihen von Gelehrten stehen in der Tra-
dition von Bibliotheksausstattungen.25 Vermut-
lich war an eine allmähliche Füllung der Nischen
Abb. 3: Heinrich von Ferstel, Entwurf für die Ausstattung
eines Festraumes der Universität Wien, Tuschezeichnung, ko-
loriert, 1872–1877, UAW.
Abb. 4: Die neue Universität Wien, Holzstich nach Zeich-
nung von A. S. Kronsteiner, 1888, Privatbesitz.
Der ArkADenhof im hAuptgebäuDe Der universität Wien 17
22 S. den Beitrag von Maria Pötzl-Malikova in diesem Band. Zeiller erhielt erst 1891 eine Büste von Emanuel Pendl im
Arkadenhof.
23 H. Ferstel, Entwürfe für Ausstattung des Hauptgebäudes der Universität, Nr. 9, Fenster, Decken, Festräume, Tu-
schezeichnung, koloriert, um 1872–1877, UAW, Inv. 109.112.9.
24 Auf dem 1888 datierten Holzstich nach einer Zeichnung von August Stefan Kronsteiner sind tatsächlich Büsten zu
erkennen.
25 In der Universitätsbibliothek waren keine Porträts vorgesehen. Zu Porträtreihen in Universitätsbibliotheken s. den
Beitrag von M. Baker in diesem Band.
zurück zum
Buch Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa"
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken