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ner frei gehaltenen Rede in lateinischer Sprache, in
der er betonte: […] mit welcher Freude ich die fro-
he und unvermutete Kunde empfangen habe, dass
ich […] in die Reihe der Männer aufgenommen
wurde, deren lebensechte Büsten aus Marmor ge-
meißelt, diese glänzende und erhabene Stätte der
Wiener Gelehrtenwelt zieren werden und die Er-
innerung an die Männer, die durch die Förderung
und Vollendung der Wissenschaften sich hochver-
dient machten, nach ihrem Tod bis in die kommen-
den Jahrhunderte bewahren werden.53
Die Marmorbüste von Johann Kalmsteiner
zeigt den Geehrten noch rüstig im togaartigen
Universitätstalar – ausgezeichnet mit dem 1865
verliehenen Ritterkreuz des Ordens der Eiser-
nen Krone 2. Klasse. Es verweist nicht so sehr
auf den Mediziner, sondern auf den internati-
onal anerkannten Gelehrten und universitären
Würdenträger im Jahr seines Rektorats. Die Büs-
te wurde nach seinem Tod auch an anderen Or-
ten aufgestellt, wo an das soziale und politische
Engagement Hyrtls erinnert werden sollte – vor
dem von ihm gestifteten Waisenhaus in Mödling
(1902) und in Reliefform im ehemaligen nieder-
österreichischen Landhaus (1895).
Während alle Büsten des 18. Jahrhunderts
zu Lebzeiten entstanden und die Geehrten an
den Zeremonien der Enthüllung teilnahmen,
wurde dies in Zeiten der Denkmalflut prob-
lematisch empfunden. Im Sinne der eingangs
erwähnten Bemerkung Eitelbergers war schon
1885 festgelegt worden, dass erst fünf, seit 1926
zehn Jahre nach dem Tod ein Denkmal im Arkadenhof zulässig sei.54 Der Fall Hyrtl blieb
eine Ausnahme.
Privaten Initiativen, wie sie die Witwe Glaser
unternahm, wurden durch die Verordnungen
der Artistischen Kommission Grenzen gesetzt,
wenn auch finanzielle Unterstützung gewünscht
war, denn der Universität sollten keine Kosten
erwachsen.
Dass aber Interessen einzelner wissenschaft-
licher Disziplinen für Veränderungen innerhalb
Abb. 16: Franz Seifert, Denkmalbüste für Jan Ingen-Housz,
Bronze, 1905, Arkadenhof der Universität Wien.
Der ArkADenhof im hAuptgebäuDe Der universität Wien 27
schmuck, musikalischer Begleitung und Elogen, die ein Nachfolger im Fach hielt. Die Festreden wurden meist
publiziert und enthielten oft eine Abbildung des Denkmals. Als biografische Skizzen waren sie in humanistischer
Tradition ein literarisches Porträt.
53 […] quanto gaudio laetum et inopinatum nuncium accperim, me ab Inclyto et Venerabili Senatu Academico illis
Universitatis Viennensis Professoribus clarissimis et celberrimis adscriptum fuisse, quorum imagines vivae, marmore
exsculptae, spledidam hanc et aufgustam usarum Viennesium sedem condecorabunt, et virorum de scoemtoari, aig-
menmtp et perfectione optime meritorummemoriam, post fata superstitem, per ventura saecula conservabunt, zit.
Der Anatom Joseph Hyrtl 1810–1894 (hrsg. v. Marktgemeinde Perchtoldsdorf), Wien 1991, mit Beiträgen von R. J.
Gasser u.a., S. 161.
54 Eitelberger, Das Porträt (zit. Anm. 15). Eitelberger selbst hatte sein bescheideneres Erinnerungsmal, ein Porträt-
relief von Zumbusch, am selben Tag wie die Mediziner in einer kleinen Feier erhalten, die weit weniger Aufsehen
erregte.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken