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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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nen aus der zeitgenössischen Presse, es war eher ein Privatauftrag der Familie. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges befand sie sich offenbar in Wien,30 dann verlieren sich ihre Spuren. Inte- ressant ist in diesem Zusammenhang ein erhal- tener undatierter Brief aus Wien, adressiert wohl an den Grafen Chotek, in dem die Jacquin-Feier im Jahre 1818 mit ähnlichen Worten beschrieben wurde wie in der genannten Broschüre.31 Der aus Tirol stammende Bildhauer Leon- hard Posch (1750–1831) war ein Schüler und Mit- arbeiter von Johann Baptist Hagenauer, der mit ihm 1774 nach Wien kam. Er ist bisher vor allem als Schöpfer veristischer Wachsbüsten bekannt, die er zusammen mit Joseph Graf Deym alias Müller für die kaiserliche Familie und für das Wachskabinett Deyms verfertigt hatte.32 Gele- gentlich hat er jedoch auch konventionelle Por- trätbüsten geschaffen. Ein Beweis dafür ist eine Büste des Erzherzogs Carl aus patiniertem Gips, die 1801 entstanden ist.33 Später widmete er sich vor allem der Modellierung von Porträtmedail- lons. Begonnen hat er mit diesen schon in Wien, die meisten schuf er aber außerhalb Wiens, vor allem in Berlin, wo er sich 1814 endgültig nie- derließ.34 Während seiner Wiener Zeit war Posch mit der Familie Jacquin mehrmals in Kontakt. 1792, in der Zeit der Mitarbeit von Deym, entstand das erste, naturalistisch aufgefasste Porträtme- daillon von Nikolaus von Jacquin. Mit 1802 da- tiert ist eine grafische Wiedergabe einer Medail- le, auf der Vater und Sohn Jacquin idealisiert, mit schönen Locken und antikisierendem Um- hang dargestellt sind.35 Die Büste in Kačina wäre die einzige bisher bekannte Büste von Posch aus Metall (Blei-Zinnguss) und müsste vor 1803 ent- standen sein. Danach war der Bildhauer dauernd auf Reisen, die ihn nach Hamburg, Berlin, Paris und zuletzt wieder nach Berlin führten. Posch war kein Metallbildhauer, sondern ein ausgesprochener Wachsbossierer und das ver- rät auch die Büste Jacquins. Ihre Wände sind zu massiv, zu schwer und haben das Einknicken des sicher später angebrachten Metallsockels verur- sacht. Eine so dicke Metallschicht wie hier ist bei einem geübten Metallbildhauer kaum denk- bar und ist daher ein wichtiges Indiz für Poschs Autorschaft. Die Gestaltung von Jacquins Ant- litz ist so wie bei Poschs Büste des Erzherzogs Carl einem moderaten Realismus verpflichtet, der sich um Ausgleich zwischen der Wiedergabe der einmaligen Erscheinung und ihrer klassizis- tischen Idealisierung bemüht. Auffallend ist die Ähnlichkeit mit dem Bildnis Jacquins in der Bi- bliothek des Wiener Botanischen Instituts, die bis zu den charakteristischen glatt geschnittenen Haaren reicht. In der zeitlos gehaltenen, toga- ähnlichen Draperie des Büstenabschnittes ist der Einfluss von Zauners Büste des Joseph von Son- nenfels aus dem Jahre 1787 merkbar.36 Im Umlaufbogen, in dem alle Mitglieder der vier Fakultäten um Spenden für die Totenfeier für Nikolaus von Jacquin ersucht wurden, heißt es, dass wenn finanzielle Mittel übrig bleiben, sie für die Verfertigung eines Porträts des Verstorbe- Die Anfänge Der gelehrtenehrung An Der Wiener universität 41 on weiß zu berichten, dass Nicolaus von Jacquin den englischen Park beim Schloss entworfen hat und Graf Chotek ihm daher zur Ehre dieses Bildnis hat errichten lassen. Diese „Erklärung“ entbehrt jeder historischer Grundlage. 30 Siehe dazu Anm. 49 und 53. 31 Für die freundliche Vermittlung dieses Briefes, der sich im Chotek-Archiv in Prag befindet, danke ich Herrn Mag. Vlček. Der Verfasser des Briefes ist Johann Wilhelm Ridler, Direktor der Universitätsbibliothek in Wien. 32 O. Kurz, Hagenauer, Posch and Mozart, in: The Burlington Magazine, vol. 110, Nr. 783 (June 1968), S. 327–328. 33 A. Forschler-Tarrasch: Leonhard Posch, Porträtmedailleur und Bildhauer 1750–1831, Berlin 2002, S. 21, mit Abb. Die Büste ist hier als verschollen angegeben. 34 Ebenda, S. 27–33. 35 Ebenda, S. 114, mit Abb. 36 Abb. in: H. Burg, Der Bildhauer Franz Anton Zauner und seine Zeit, Wien 1915, Taf. VI. bei S. 141. 37 UAW, Consistorialarchiv, Fasz. I. Nr. 491 ex 1818 (CA 1.0.504).
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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