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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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auf die Schultern und insbesondere der sorgfäl- tig geformte Bart lässt deutlich das Vorbild Kai- ser Leopolds I. erkennen. Weiteren Hinweis auf seinen hohen Stand geben die roten Absätze sei- nes Schuhwerks, ein Privileg des höheren Adels. Beherrschung und Gelassenheit strahlt der kai- serliche Leibarzt aus: eine Hand ruht auf einem Geschäftsbuch. Eher beiläufig – ragt daneben ein Zepter ins Bild. Angesichts der akademischen Würden Rechpergers hätte man einen Doktor- hut erwarten können. Explizit formuliert jedoch nur die Bildlegende den Anlass des Gemäldes. In antiken Versalbuchstaben sind Name, akademi- sche Grade und höfische Würden zu lesen. Erst dann folgt der Verweis auf das Rektorenamt.44 Die genaue Nennung des Wahltages steigert die Dokumentarkraft des Gemäldes und schenkt der Institution Präsenz: Es ist der 25. November, der Namenstag der Heiligen Katharina, der Patro- natsheiligen der Artisten, ein bedeutender Fest- tag im Kalender der Wiener Universität. Ein stilistischer Vergleich mit dem um 1672 entstan- denen Porträt Kaiser Leopolds im Kunsthisto- rischen Museum (Abb. 2b) legt den Gedanken nahe, dass beide Bildnisse aus der Werkstatt des- selben Malers stammen, des Kaiserlichen Kam- mermalers Benjamin von Block. Dieser ließ sich zwar ab 1670 in Nürnberg nieder, doch sein Bru- der lebte weiterhin in Wien. Im Jahr 1672, dem Rektorat Rechpergers, erhielt er den Auftrag, den Kaiser zu porträtieren. Aus einem späteren Dokument geht hervor, dass er neben den Por- träts des Kaisers und der Kaiserin noch diejeni- gen von 560 fürstlichen Personen mit besonde- rer „Lebensgleiche“ hergestellt habe.45 Mehr über die Person gibt das Porträt des Melker Abtes Berthold von Dietmayr (1670– 1739) preis (Abb. 4c). Als Vorzeigeschüler von den Benediktinern an die Universität nach Wien entsandt, schloss er zügig sein Studium ab. Mit nur dreißig Jahren wurde er bereits zum Abt des Klosters Melk gewählt, ein Jahr später promo- vierte er. Schon während seine ganzen Anstren- gungen dem Neubau von Kirche und Kloster gal- ten, wurde er 1706 zum Rektor der Universität Wien ernannt. Gleichzeitig initiierte er in Melk eine Gelehrtenakademie und war Cancellarius sowie Superintendent des Kaisers.46 Wie Rech- perger war Dietmayr von adligem Stand und wir begegnen ihm ebenfalls in einem prachtvollen Innenraum. Zu seiner Rechten zieht eine kost- bare bestickte Infel den Blick auf sich. Darüber ist der Bogen einer Pastorale zu erkennen. Die steinerne Brüstung, auf der der geistliche Kopf- schmuck ruht, ist dezent mit seinem Abtswappen reliefiert. Zu seiner Linken deuten Glocke und Uhr auf Beherrschung von Zeit und Personal hin. Im Hintergrund darüber und offensichtlich später dazu gesetzt, befinden sich die goldenen Dolden des Rektorszepters als Pendant zu den In- signien seines Kirchenamtes. Jenes besetzte er auf Lebenszeit, dieses nur für ein Jahr. Der Kampf um die rechte Balance zwischen beiden Ämtern wird noch auf der Leinwand ausgetragen. Dietmayr trägt eine schwarze Ordenskappe und ist in einen dunklen, bodenlangen Mantel gehüllt. Golden setzt die Epomis die Rektorswür- de ins Bild. Graue Schläfen und Falten an seiner Nasenwurzel geben das Bild eines aufmerkenden Denkers. Eine leichte Bewegung durchzieht sei- nen Körper. Der Abt fasst mit der Rechten an das Kreuz über der Brust, in der Linken hält er mit zierlicher Geste sein rotes Birett. Die Legende des Gemäldes scheint nachträglich eingefügt.47 Sie heidrun rosenberg58 44 Christianus. Rechperger phil. Et med. doctor iuratus regni Bohemiae physicus sac. -/ caes. Maistat. Leopoldi I con- sil. Et proto-medicus electus est in rectorem univer -/ sitatis viennensis die 25. Novemb. anno 1672. 45 OeStA/AVA Adel RAA 34.47. Bestätigung und Wappenbesserung. Blocks. Vgl. auch Polleross, Adelsporträts (zit. Anm. 41), S. 241. 46 NDB 3 (1957), S. 675 f. 47 Rdssmus, -/ perillustris d.d. Bertoldus Dietmayr. -/a.a.l.l. et theol. Doctor abbas ord. s. Bened. -/Melicij. Statuu, inf. primas el. Rector univ. 30 nov. 1706. Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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