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tor und seine Verwandten setzen, belegen die Be-
deutung von Familienbanden. Eines der Rekto-
renporträts gilt sogar der Würdigung von Vater
und Sohn: So rühmt die Inschrift auf dem Bild-
nis für Rektor von Spaun nicht nur den Darge-
stellten, sondern auch dessen Vater, der – nach
erfolgreicher Universitätskarriere — 1721 in den
erblichen Reichsritterstand erhoben worden war
(Abb. 9a). Das Interesse der „Gelehrten-Dynas-
tien“ wird bei der Beauftragung und der Finan-
zierung die Hauptrolle gespielt haben.
In Bezug auf die Genese der Bildergale-
rie lässt sich bezweifeln, ob das Vorhaben ei-
ner Reihe von Anfang an intendiert worden ist.
Die Abstände zwischen den Aufträgen sind zu-
nächst groß. Mag sein, dass dies den knappen
Ressourcen einer Kunstszene zu schulden ist, um
die es in Zeiten äußerer Bedrohungen durch Pest
und Türkenkrieg schlecht bestellt war. Erinnern
wir uns an den Maßstäbe setzenden und viel-
leicht Verpflichtung weckenden Auftakt des ers-
ten Porträts um 1672. Es galt dem kaiserlichen
Leibarzt Rechperger (Abb. 2a). Erst mit größe-
rem Abstand folgt dann das Porträt des Theolo-
gen und Domherrn Laurentius Grüner um 1683
(Abb. 3a). Dieses ist das einzige Porträt, das den
Rektor in die Umgebung einer Bibliothek stellt.
Es folgen vermutlich die Porträts der beiden Ju-
risten, Weigler (Abb. 3c) und dessen Schüler
Öttl. (Abb. 3d) Der Blick hat sich auffällig ge-
wendet: Beide Rektoren werden über die Bild-
legende durch ihre bei Hofe hoch angesehenen
Ämter definiert. In der Reihe der Porträts ist
Öttls das erste, das Palast und Park im Hinter-
grund zeigt. Pointiert weist er mit seiner Linken
den Betrachter darauf hin. Die gesuchte Drama-
turgie der Handgesten fällt auch auf allen fol-
genden Porträts auf und verstärkt den Anschein der Handlungsfähigkeit. Mit den Bildnissen der
beiden Ordensführer, dem Melker Benedikti-
ner Dietmayr (Abb. 4c) und insbesondere dem
Klosterneuburger Augustiner-Chorherren Perger
(Abb. 4d) setzt gleichzeitig ab ca. 1709 eine Qua-
litätssteigerung der Bildnisse ein. Auch werden
die zeitlichen Abstände zwischen den Aufträgen
dichter: Die Porträts der Rektoren Dietmayr
(Abb. 4c), Perger (Abb. 4d), Blümer (Abb. 5a),
Schlittern (Abb. 5b), Lebzeltern (Abb. 6a) und
Schickh (Abb. 7a) weisen stilistisch und qualita-
tiv eine gewisse Nähe auf und fallen in die Zeit-
spanne, in der der Maler Johann Kupetzky in
Wien tätig war (1709–1723). Wie eine Bestäti-
gung für eine solche Zuschreibung an Kupetz-
ky liest sich der auffällige größere Einschnitt der
Reihe kurz nach 1722. Das in dieses Jahr datierte
Bildnis Schickhs scheint das letzte Rektorenpor-
trät aus der Werkstatt Kupetzkys vor seiner Ab-
reise nach Nürnberg zu sein.
Erst nach einem längeren Zeitraum entstand
das nächste Rektorenporträt. Es liegt in deut-
lich schlechterer Qualität vor. Das nach 1727
zu datierende Porträt zeigt den niederösterrei-
chischen Regierungsrat und Landschreiber Kees
(Abb. 6b). Neue Impulse scheint dann die Reihe
unter dem engagierten Rektorat des Regierungs-
rates Nettinghofen 1731/32 zu gewinnen, der im
selben Jahre in den böhmischen Ritterstand er-
hoben wurde.60 In dem ungewöhnlich ausführ-
lichen Protokoll über sein Amtsjahr wird ver-
merkt, dass am 28. August 1732 eine Umhängung
der effigies der Rektoren in der stuba consistori-
alis stattgefunden hat. Ziel war eine Aktualisie-
rung der Ordnung der Bilder, deren Zahl bereits
auf mindestens 13 angewachsen war. Das Porträt
des letzten Rektors möge seinen Vorgängern vo-
rangestellt werden, empfiehlt Nettinghofen.61 Es
Bilder der Magnifizenz 65
60 J. G. Megerle von Mühlfeld, Österreichisches Adelslexikon des 18. und 19. Jh., enthaltend alle von 1701 bis 1820
von den Souveränen Österreichs wegen ihrer Verdienste um den Kaiserstaat in die verschiedenen Grade des deut-
scherbländischen oder Reichsadels erhobenen Personen. Ergänzungsband, Wien 1824, S. 181.
61 Mühlberger, Matrikel VII (zit. Anm. 6), S. 137/fol. 221b–222a: Sitzung vom 30. Nov. 1732 TOP 7: (28. August
1732): “[…] ut propter effigierum ordinem, quae a magnificis rectoribus ad stubam consistorialem offeruntur, ordo
servetur, ut ultimi cujusvis domini rectoris effigies antecessorum effigiebus praeponatur.“
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken