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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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wird wohl sein eigenes gewesen sein, mit dem die Reihe der letzten vier Porträts beginnt. Sie sind signiert: Jacob Boodewyns, Sebastian Linck, Ma- ximilian Josef Hannl und Christoph Schomburg lauten die Namen der Künstler. Hannl zählt zu den engeren Mitarbeitern Kupetzkys. Unter die- sen letzten vier Porträts fällt die Tendenz zur Pen- dant-Bildung auf: Die Porträts von Nettinghofen (Abb. 8a) und Ruckh (Abb. 8b), wie die Porträts von Spaun (Abb. 9a) und Fraisl (Abb. 9b), äh- neln einander in den Körperstellungen. Die Ein- tragung der Hängungsmaßnahmen in das Mat- rikelbuch, die bewusste Entscheidung, sich selbst in eine Reihe zu setzen, und die zunehmenden formalen Bezüge der Porträts untereinander deu- ten darauf hin, dass die Bilderreihe nun in die Phase einer bewussten Verstetigung getreten ist. Auffällig bleibt, dass nach dem Rekto- rat des Klosterneuburger Propstes Ernest Per- ger (1710/1711) kein weiteres Porträt einem Or- densführer oder Domherren gewidmet wurde, obwohl die Hälfte der Rektorate in den Jahren zwischen 1715/16 und 1745/46 aus dieser sozialen Gruppe besetzt worden ist. Es sind die Juristen und einige ausgewählte Mediziner, die die Geist- lichkeit verdrängen. Die Strategie, über eine wachsende Bilder- reihe ihrer Mitglieder die Soziabilität und Iden- tität einer Gemeinschaft über Raum und Zeit hi- naus zu stärken, haben viele Gruppen verfolgt. Zu denken ist beispielweise an die prominen- ten Papstreihen am Langhausgewände von St. Paul vor den Mauern oder in der Lateransbasi- lika, die dann ein Echo in den vielen Abts- bzw. Prälatenreihen verschiedener Klöster finden soll- ten. Stabilisierend legt sich ein gleiches formales Schema über individuelle Einzelbildnisse. Es ist naheliegend, hier eine Inspirationsquelle für die Rektorenreihe zu suchen, zumal unter den frü- heren Rektorenbildnissen drei der porträtierten Rektoren Ordensführer waren. Vieles spricht je- doch dafür, dass sich in den Bildnissen vor al- lem das Vorbild des nahen Kaiserhofes und sein besonderes Verhältnis zu Porträt und Porträtrei- hen in Skulptur und Malerei spiegelt. Schließ- lich hatte die spanische Hoftracht den Körper von Kopf bis Fuß in einen Zeichenträger ver- wandelt. Das Ganzkörperporträt bot sich ge- radezu als ein ideales und dazu noch mobiles Medium an, das sich mit Erfolg seit dem begin- nenden 16. Jahrhundert an den habsburgischen Höfen etabliert hatte. Wie erwähnt war auch die Universitätsaula damals mit Porträts der Kaiser- familie bestückt worden. Was in diesen Bildern zählt, sind höfische Kleidung, Pose, Gebärden- sprache, Ambiente. In den Rektorenporträts fol- gen auf evidente Weise die nicht geistlichen Dar- gestellten der modischen Haartracht des Hofes und übernehmen mit dem Porträt Weiglers die Perücke. Darüber hinaus nehmen sie Körperhal- tungen ein und vollführen ein Schauspiel an wei- senden und präsentierenden Gesten, das sich an dem Repertoire jeweils aktueller Repräsentati- onsbildnisse des Kaiserhofes orientiert, bisweilen sogar enger, als es der innovationssuchende Adel tut. Ein weiterer Indikator ist der seriöse Veris- mus, mit dem die Gesichtszüge mancher Rekto- ren wiedergegeben werden: Hier kann einerseits die Arbeitsteilung einer großen Hofwerkstatt, andererseits die Porträttheorie zum Verständnis beitragen: „Helden tragen Charakterköpfe“, las- sen sich die Empfehlungen de Piles’ (1708) für das Porträtieren von führenden Persönlichkeiten paraphrasieren.62 Zusammengefasst ist die erhaltene Reihe der Rektorenporträts eine gewachsene, adaptive und selektive: Aus verschiedenen Quellen lässt sich vermuten, dass die Gemälde gestiftet wur- heidrun rosenberg66 62 de Piles, Cours des peintures par principes, Paris 1708 (Leipzig 1760), S. 213. Zur Innovationsfreudigkeit des Adels im beginnenden 18. Jh.: Polleross, Adelsporträts (zit. Anm. 42), S. 238. 63 Natter, Icones Rectorum (zit. Anm. 3), S. 15, verweist auf eine Quelle aus dem Jahr 1733: UAW Hauptmatrikel M9 fol. 221, 222. Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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