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arbeiten beschäftigt war und der ihn, nach Har-
tigs Überlieferung, „von der Medailleurkunst
immer ferngehalten [hat].“14 1903 verließ er die
Kunstgewerbeschule und arbeitete als freischaf-
fender Künstler in Wien. Nach Ausstellung eini-
ger seiner Werke im Künstlerhaus wurde er des-
sen Mitglied und konnte sich durch zahlreiche
Porträtaufträge erfolgreich als bildender Künstler
etablieren. Während des Ersten Weltkriegs arbei-
tete er als Kriegsmedailleur, erst danach wieder
selbständig. Im Gegensatz zu Kaspar von Zum-
busch umfasst das Œuvre von Arnold Hartig
hauptsächlich Medaillen, Plaketten und Münzen
für private wie staatliche Auftraggeber und nur
wenige Großplastiken. Besondere Beachtung er-
fuhr er für seine Fähigkeit, lebensnahe Porträts
der dargestellten Personen nach dem Modell zu
liefern. Bei persönlichen Sitzungen in seinem
Atelier verzichtete Hartig auf Zeichnungen und
modellierte das Bild unmittelbar in Wachs, da-
nach setzte er es in Gips und schließlich in Metall
um.15 Stilistisch ist Hartig in seinen anfänglichen
Werken in Wien vom ausgehenden Jugendstil
und Sezessionismus geprägt, verwendet zwar im- mer wieder dekorative Elemente, immer aber in
Kombination mit realitätsnahen Porträts.16 Seine
Fähigkeit, traditionelle, wirklichkeitsabbildende
Porträts zu schaffen, brachte Hartig zahlreiche
Aufträge ein. Hartigs künstlerische Ausdrucks-
form kennzeichnete seit den 1930er-Jahren eine
Tendenz zur Konventionalität, da er sich bei
der Bildformulierung immer wieder nach dem
jeweiligen Auftrag
geber richtete, was beson-
ders im Spätwerk zu einer deutlichen Abnah-
me des künstlerischen Anspruches führte.17 Ab
den 1950er-Jahren wurde er seitens der Universi-
tät Wien für den Arkadenhof für fünf Denkmä-
ler beauftragt. Nach den beiden Denkmälern für
die Theologen Franz Martin Schindler und Ru-
dolf von Scherer, die im Jahr 1951 enthüllt wur-
den, folgten jene für Gustav Riehl 1954, für Karl
Landsteiner 1961 und für Alfons Dopsch 1964.
Hartig wählte in allen eine formal sehr ähnli-
che Gestaltung, er zeigt den Geehrten im Por-
trätprofil im Rahmen eines dunklen bronzenen
Medaillons, das von einer hellen Steinplatte ein-
gefasst wird.
die denkmäler für ernst ludwig und leopold schrötter
von kristelli von kaspar von zumbusch
Das Denkmal für den Chemiker Ernst Lud-
wig (1842–1915) befindet sich an der Innenseite des vorletzten Pfeilers im rechten Arkadengang
(Abb. 2). Ludwig war seit dem Jahr 1874 or-
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14 A. Hartig, Aus meinem Leben, Vom Bauernjungen zum Künstler, Erlebnisse mit porträtierten Persönlichkeiten,
Wien 1964, S. 18.
15 Hartig, Aus meinem Leben (zit. Anm. 14), S. 20–24; Gemäß B. Prokisch, Der Nachlass Arnold Hartig im Mu-
seum Lauriacum in Enns, Katalog, Teil 1: Das Medaillenwerk, Linz/Wien 2005, S. 21–22, hatte Hartig als Metalle
Bronze und bronziertes Eisen verwendet, während des Zweiten Weltkrieges auch Zinn und eine nicht identifizierte
Legierung. Prokisch erwähnt ein erhaltenes Wachsmodell einer Kriegsfürsorge-Medaille auf Erzherzogin Isabella. Im
Akt zu dem Denkmal für Alfons Dopsch ist eine genaue Kostenaufstellung Hartigs an den Senat der Universität er-
halten. Darin enthalten sind die Kosten für die Vergrößerung aus Paraffin, die von einem Gipsgießer in ein Negativ
und Positiv gegossen werden sollte. Anschließend sollte der Bronzeguss des Medaillons und die Einfassung in eine
Platte aus Untersberger Forellenmarmor erfolgen. Vgl. Akt im Archiv der Universität Wien (UAW), zit. UAW Senat
S 222.40, Kostenaufstellung des Künstlers Hartig an das Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte zu Handen
des Vorstandes, Univ.-Prof. Alfred Hoffmann, 27. November 1963.
16 B. Prokisch, Der Nachlass des Medailleurs Arnold Hartig (1878–1972). Bericht über eine Lehrveranstaltung, in:
Mitteilungsblatt des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte, SoSe 2005, Wien 2005, S. 24–25.
17 Zitiert nach Prokisch, Der Nachlass des Medailleurs Arnold Hartig (zit. Anm. 16), S. 26.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken