Seite - 78 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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rechten Hosentasche seines dunklen Anzugs, mit
der linken Hand hält er sich an der Hosentasche
fest, er trägt ein helles Hemd, darüber eine dunk-
le Weste, an der die Kette der Taschenuhr sicht-
bar ist, und einen knielangen dunklen Mantel.
Der weiße Vollbart und das schüttere, zurück-
gekämmte Haar lassen auf ein fortgeschrittenes
Alter schließen. Seine gerade Haltung ist betont
streng, er blickt den Betrachter direkt an, da-
durch erhält das Porträtfoto offiziellen Charak-
ter. Ab 1870 war er Vorstand der neu errichteten
Klinik für Laryngologie, ab 1875 außerordentli-
cher Professor für Kehlkopf- und Brustkrankhei-
ten und ab 1885 ordentlicher Professor für Innere
Medizin an der Universität Wien.27
Das bronzene Reliefmedaillon wurde von
Zumbusch im Jahr 1907 angefertigt und zeigt
den Mediziner im Profil. Bis zur Errichtung
des Denkmals in der Universität befand es sich
im Besitz der Familie Schrötter von Kristelli.28
Wie aus den Senatsakten des Kunstausschus-
ses im Universitätsarchiv hervorgeht, sollte das
Medaillon mittels rahmender Steintafel, wel-
che in Größe, Material und Beschriftung jener
für Ernst Ludwig entsprechen sollte, eingefasst
und danach an geeigneter Stelle im Arkadenhof
angebracht werden. Als Material sollte ebenfalls
Osliper Stein aus dem Burgenland verwendet
werden, da dieser in kürzester Zeit eine Färbung
ähnlich der Pfeiler des Arkadenhofs annehmen
würde und die preisgünstigere Variante darstell-
te. Den Auftrag erhielt wieder die Wiener Stein- metzfirma Hauser.29 Als Ort entschied man sich
für die Pfeilerseite gegenüber des 1928 im Arka-
denhof enthüllten und von dem Bildhauer Josef
Müllner gestalteten Denkmal für den Philolo-
gen und Anglisten Jakob Schipper.30 Damit be-
fand es sich nur eine Pfeilerarkade entfernt und
in unmittelbarer Nähe des Denkmals für Ernst
Ludwig. Anlässlich des 100. Geburtstages von
Schrötter von Kristelli am 30. Jänner 1937 fand
die Enthüllung des Denkmals im Arkadenhof
statt.31
Das dunkle, bronzene Medaillon wurde auch
hier durch eine muldenartige, kreisrunde Vertie-
fung in die helle Steintafel eingelassen. Zum-
busch wählte für das Porträt im Medaillon – wie
schon bei Ernst Ludwig – eine idealisierende
Darstellung und zeigt den Mediziner als älteren
Mann mit Bart im Profil nach links. Als deko-
ratives Element wird die Kontur des Medaillons
durch eine Profilierung betont. Das Bildnispor-
trät befindet sich zentral im Mittelfeld. Das Me-
daillon ist signiert und datiert: „C.v.Z. f. 1907.“
Zusätzlich ist im Nackenbereich unterhalb des
Namens der Zusatz „AET. LXX.“ sichtbar. Mit
diesen beiden Angaben wird nicht nur auf das
Entstehungsjahr 1907 verwiesen, sondern auch
auf den 70. Geburtstag des Mediziners, der den
Anlass für die Darstellung bot. Die feine Mo-
dellierung des Barts, der Haare und die insge-
samt abgeschwächte Reliefhöhe tragen zu einem
malerischen Gesamteindruck bei. In der unteren
Hälfte der Steinplatte befindet sich die in Gold
andrea
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27 Ebd. und den Eintrag zu Leopold Schrötter von Kristelli auf monuments – das Wiki zu den Denkmälern der Univer-
sität Wien, https://monuments.univie.ac.at/index.php?title=Leopold_Schrötter_von_Kristelli, abgerufen am 18. Fe-
bruar 2015.
28 UAW Senat S 91.3, Schreiben des Rektors Prof. Dr. Oswald Menghin an den Dekan der medizinischen Fakultät,
Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Karl, vom 29. Juli 1936.
29 UAW Senat S 91.3, Beiblatt zum Schreiben von Oberbaurat Prof. Leopold Bauer an den akademischen Senat der
Universität Wien vom 24. Juli 1936. Die Kosten des Denkmals wurden von der medizinischen Fakultät getragen.
Vgl. hierzu UAW Senat S 91.3, Schreiben des Rektors an den Dekan der medizinischen Fakultät, Univ.-Prof. Dr.
Wilhelm Karl, vom 25. Jänner 1937.
30 UAW Senat S 91.3, Protokoll der Sitzung des akademischen Senats unter der Leitung von Hofrat Univ.-Prof. Dr.
Gustav Riehl vom 19. März 1936.
31 UAW Senat S 91.3, Schreiben des Rektors an Oberbaurat Prof. Ludwig Bauer vom 23. Dezember 1936.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken