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Akademiebibliothek, entschied man sich für ge-
malte Bildnisse im Rahmen einer neuen Port-
rätgalerie. Drei gesellschaftliche Gruppen von
Honoratioren sind dort vertreten: Pfarrer und
Professoren, das heißt Mitglieder der Akademie;
Wissenschaftler und Schriftsteller, deren Werke
in der Bibliothek vorhanden waren; verbünde-
te Politiker: In dieser Kategorie gibt es auch eine
Skulptur, eine Büste von Heinrich IV.
Porträtskulptur kann man in Form von Anti-
kenkopien finden, beispielsweise einer Serie von
zwölf römischen Kaisern, die auf Bücherregalen
standen.14 Man erkennt sie, sowie auch eine Büs-
te von Homer, auf einem späteren Gemälde von
Jean-Jacques Dériaz (1873, Abb. 5). 15 Solche Ko-
pien erinnern uns, dass die Ausbildung im Col- lège, dem Gymnasium, das mit der Universität
von Calvin gegründet wurde, nur in lateinischer
und griechischer Sprache stattfand.16 Antike Ko-
pien gab es aber auch in anderen Bibliotheken,
so zum Beispiel in jener von Guillaume Favre
(1770–1851), 1821 gebaut und mit römischem
Buntmarmor, Mobiliar von Percier & Fontaine
und Bronzekandelabern ausgestattet (Abb. 6).17
Durch den Einfluss der französischen Kultur
entstanden am Ende des 18. Jahrhunderts zwei
Porträts von Zeitgenossen. Das erste von Charles
Bonnet (1720–1793), einem Genfer Naturwis-
senschaftler, wurde von Jean Jacquet (1754–1839)
gemeißelt (Abb. 7).18 Es lässt den dominanten
Einfluss von Houdon erkennen, mit einem mil-
den Naturalismus, der sich im Gesichtsausdruck
James Pradier und die Hommage an die genfer elite 273
14 Ebenda, S. 101; Buyssens, La question de l’art (zit. Anm. 1), S. 39. Die zwölf Büsten sind ein Geschenk von Jacob
Vernet von 1742.
15 P. Monnoyeur, Du galetas du XVIe siècle à la grande salle de 1702: la bibliothèque du Collège Saint-Antoine, in:
„La bibliothèque étant un ornement public“ (zit. Anm. 13), S. 45–79, 73–76.
16 Montandon, Le développement de la science (zit. Anm. 4), S. 64. Auch L. Thévenaz, Histoire du collège de Genè-
ve, Genève 1896, S. 59–60.
17 Natale, Le goût et les collections (zit. Anm. 1), S. 58.
18 Buyssens, La question de l’art (zit. Anm. 1), S. 241–242. Die Büste wurde in der Genfer Ausstellung von 1789 prä-
sentiert. C. Magnusson, Jean Jacquet et ses émules obscurs: les sculpteurs d’ornement à Genève au XVIIIe siècle,
Doktorarbeit, Université de Lausanne, 2011, S. 194–198.
Abb. 5: Jean-Jacques Dériaz, Grande Salle von der Bibliothek von Saint-Antoine, 1873, Gouache. Genf, Bibliothèque de
Genève, inv. Tabl. 201.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken