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Gelehrtenmemoria im städtischen Raum vor.
Vermutlich wurde sein Vorschlag für ein Leib-
niz-Denkmal zu jener Zeit als unbequem aufge-
fasst, schließlich fehlen über die Erhebung von
Leibniz in den Adelsstand bis heute zuverlässi-
ge Informationen.10 Hervorzuheben ist außer-
dem: Gottsched erwog nicht ausdrücklich ein
Denkmal in universitären Ehrenhallen oder spe-
ziellen Sammlungsräumen.11 Gleichwohl verwies
er in dem später von Gotthold Ephraim Lessing
kritisierten Gedicht darauf,12 dass ein Denkmal
für Leibniz die jüngere Generation zur Nachah- mung ermuntern würde: Wie kräftig wird sein
Ehrenbild / In deiner Söhne Brust den Weisheit-
trieb erhitzen! Wie mancher Kopf wird dir noch
nützen! 13 Doch schon nach Leibniz’ Jubiläums-
feier verflüchtigte sich das Interesse an seinem
Vorhaben.14 Zu den Gründen zählen offenbar
auch Finanzierungsschwierigkeiten der Univer-
sität.15 Verwirklicht wurde nach 1787 – freilich
ohne Gottscheds Zutun – ein öffentliches Denk-
mal für Leibniz in Form einer Marmorbüste in
Hannover; jener Stadt, in der Leibniz arbeite-
te und starb.16
die leibniz-ehrung von 1846 (und 1866)
Der von Gottsched angestoßene Plan wurde in
Leipzig 1836 zur Fertigstellung des neuen Uni-
versitätshauptgebäudes, „Augusteum“ genannt,
auf dem Gelände des säkularisierten Domini-
kanerklosters erneut aufgegriffen. Nun war es
kein städtisches, sondern ein universitäres Vor-
haben, das eng an architektonische Neuerungen
knüpft. Noch um 1800 herrschte Platzmangel in
den Räumen der Hochschule. Versammlungen
mussten in der Universitätskirche St. Pauli abge-
halten werden. Eine Trennung wissenschaftlicher
Vorgänge aus diesem geistlichen Beziehungsrah-
men wurde zwingend notwendig. Der Senat
konnte zwar schon ab 1776 auf die sogenannte
„Nationalstube“17 bei der alten Börse (beim al-
ten Rathaus) ausweichen, doch sollte die Uni-
versität mit dem Neubau des Augusteums nach ersten Entwürfen Karl Friedrich Schinkels voll-
kommen neue und zweckmäßige Räumlichkei-
UnbeqUemer Gelehrter, einGeheGtes Genie? 289
rei in Frankreich und Deutschland, Berlin 1995, S. 42 ff.; Von der Dunk, Das Deutsche Denkmal (zit. Anm. 6),
S. 397.
10 Neues allgemeines deutsches Adelslexikon (hrsg. von E. H. Kneschke ), Bd. 5, Leipzig 1864, S. 445.
11 Otto, Gottscheds Leibniz (zit. Anm. 2), S. 258.
12 Ebenda, S. 257, Anm. 365.
13 Gottsched, Ausgewählte Werke (zit. Anm. 2), Bd. 1, S. 202.
14 Otto, Gottscheds Leibniz (zit. Anm. 2), S. 257 ff.
15 A. Janda-Bux, Die Entstehung der Bildnissammlung an der Universität Leipzig und ihre Bedeutung für die Ge-
schichte des Gelehrtenporträts, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts-
und Sprachwissenschaftliche Reihe 4, 1954/44, S. 143–168, hier S. 144.
16 Weibezahn, Das Leibnizdenkmal (zit. Anm. 6), S. 398; U. Boeck: Der Leibniztempel, in: Herrenhausen: die Kö-
niglichen Gärten in Hannover (hrsg. von M. von König), Göttingen 2006, S. 245–246.
17 C. C. Carus Gretschel, Die Universität Leipzig in der Vergangenheit und Gegenwart, Dresden 1830, S. 72.
Abb. 2: Leipzig, Aula der Universität Leipzig, Fotografie,
nach 1870/vor 1892, Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum
Leipzig.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken