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toren in der Totenkapelle auf dem Gemeinde-
friedhof. Beide Ensembles waren wichtig für die
symbolische Zurschaustellung und Behauptung
des frühneuzeitlichen Gelehrtenstandes als Kor-
poration, und sie zeigen, dass diese noch jun-
ge Korporation – zumal in der problematischen
Anfangszeit ihres Bestehens – ein ausgeprägtes
Repräsentationsbedürfnis besaß bzw. zuerkannt
bekam.3
Die historische Professorengalerie ist nahezu
vollständig erhalten und wird heute in dichter
Hängung im Senatssaal des 1880 eingeweihten
Universitätshauptgebäudes an der Ludwig
straße
präsentiert (Abb. 2 und 7).4 Sie wurde interes-
santerweise zu einem Zeitpunkt initiiert, als die
Gießener Universität offiziell gar nicht mehr
existierte. Denn infolge des hessischen Erbfolge- streits war das Marburger Land 1623 wieder dem
Haus Hessen-Darmstadt zugesprochen worden,
sodass es fortan und bis 1649 wieder nur eine
„Samtuniversität“ der hessischen Fürstentümer
gab, nämlich die Marburger, mit dezidiert luthe-
rischer Ausrichtung. Bald nach der Hundertjahr-
feier der Philippina ordnete Landgraf Georg II.
(1605–1661) von Hessen-Darmstadt per Erlass
vom 10. April 1629 an, dass wie bey ausländischen
auch theils deutschen Universitäten Bildnisse aller
Professoren angefertigt würden, und zwar in ei-
ner gleichen größ Und Form, mit anzeig deß nah-
mens, auch der Jahrzahl seines altters Und der ge-
burth Christi. Die Bildnisse sollten bey Unserer
Universität bracht und erhaltten werde[n]. Der
Landgraf verfügte nicht, wo die Porträts hängen
sollten, meinte aber: Es werden sich auch mit der
GelehrtenGedenken in der Universitätsstadt Giessen 305
sitätskulturen (hrsg. von B. Krug-Richter/R.-E. Mohrmann), Köln et al. 2009. – Zur visuellen Repräsentation
Gelehrter im Mittelalter vgl. A. von Hülsen-Esch, Gelehrte im Bild. Repräsentation, Darstellung und Wahrneh-
mung einer sozialen Gruppe im Mittelalter, Göttingen 2006.
4 Zur Gießener Professorengalerie vgl. I. Schnack, Beiträge zur Geschichte des Gelehrtenporträts (= Historische
Bildkunde 3), Hamburg 1935; S. Rösch, Die Professorengalerie der Gießener Universität. Ikonographische und ge-
nealogische Betrachtungen, in: Ludwigs-Universität, Justus-Liebig-Hochschule: 1607–1957. Festschrift zur 350-Jahr-
feier, Gießen 1957, S. 433–442; N. Werner, Die Professoren-Galerie und ihre Portraitmaler, in: Panorama – 400
Jahre Universität Gießen – Akteure, Schauplätze, Erinnerungskultur (hrsg. von H. Carl et al.), Frankfurt a. M.
2007, S. 244–249; ders., Professoren-Galerie, in: 375 Jahre Universität Gießen 1607–1982. Geschichte und Gegen-
wart. Ausstellungskatalog, Gießen 1982, S. 50–54; E. Schmidt, Die Gießener Universitätsmaler Christoph Maxi-
milian Pronner und Friedrich Johann Ludwig Berchelmann und der Kunstmaler Johann Nikolaus Reuling, Gießen
1968.
Abb. 2: Gießen, Universitätshauptgebäude, Professorengalerie im Senatssaal, 1631 bis Ende 18. Jahrhundert.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken