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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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und Kolleginnen bei der Flucht ins Exil zu un- terstützen.3 Nach dem Krieg ächtete sie wieder- holt öffentlich die Atombombe und verurteilte entschieden ihren Einsatz. Unbestechlich blieb sie ihrer humanistischen Gesinnung treu – ein Vorbild in jeder Hinsicht, denkmalwürdig. Unser Denkmal für Lise Meitner sollte aber gleichzeitig ein Erinnerungszeichen an die aller- erste Generation der Wissenschaftlerinnen der Berliner Universität sein sowie an die von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler. Denn Lise Meitner war in vielem die erste, aber nicht die einzige. In den 20er-Jahren hatten sich Frauen als Promovendinnen, Dozentinnen und Hochschul- lehrerinnen etablieren können. 1933 kam das Lehr- und später das Studiumverbot für alle, die die Nationalsozialisten als jüdisch einstuf- ten. Davon waren allein zwei Drittel der Wis- senschaftlerinnen betroffen. Ehe sie nachhalti- ge Erfolge erzielen konnten, wurden sie aus der Universität und aus Deutschland vertrieben. Sie hatten nur maximal zehn Jahre Zeit, um zu be- weisen, dass Frauen die gleichen wissenschaftli- chen Leistungen erbringen können wie Männer. Diese Zeitspanne war zu kurz, um jahrhunderte- alte Vorurteile zu widerlegen und um eine eige- ne Tradition, eigene Schulen bilden zu können, mit Studierenden und Doktoranden, die ihren Vorbildern Gemälde, Büsten oder gar Denk- mäler widmen. die wissenschaftler-denkmäler vor der humboldt-universität4 Demgegenüber wurden männliche Wissen- schaftler bereits im 19. Jahrhundert zunehmend denkmalwürdig. 1869, anlässlich der Säkular- feier für Alexander von Humboldt, veröffent- lichte der Pathologe Rudolf Virchow gemein- sam mit weiteren Persönlichkeiten einen Aufruf zur Schaffung eines Denkmals für den berühm- ten Universalgelehrten. Virchows Denkmalidee wurde in einer Zeit geboren, in der die Büste als Ehrung bereits gesellschaftlichen Konsens dar- stellte und die Hoch-Zeit der Denkmalsetzun- gen begann, nicht nur in Berlin, sondern in ganz Preußen und am Ende des Jahrhunderts im ge- samten Deutschland. Vor der Bauakademie in Berlin war 1869 das Denkmalensemble mit dem Begründer der Landwirtschaftswissenschaften Albrecht Tha- er von Christian Daniel Rauch (enthüllt 1860), dem Wirtschaftsförderer Christian Wilhelm Beuth von August Kiss (enthüllt 1861) und dem Architekten Karl Friedrich Schinkel von Fried- rich Drake (enthüllt 1869) komplettiert worden und für Friedrich Schiller war bereits der Kunst- wettbewerb für ein Denkmal vor dem Schau- spielhaus ausgelobt. In der Berliner Universität wurden seit 1832, geregelt durch ein Statut, kontinuierlich die Büs- ten verdienstvoller Professoren in der Aula aufge- stellt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war ein gesellschaftliches Klima entstanden, in dem bürgerliche Persönlichkeiten, die Außeror- dentliches geleistet hatten, nicht nur im internen Kreis, sondern öffentlich geehrt wurden. Obwohl es Virchow und seinen Mitstrei- tern gelang, innerhalb eines Jahres 100.000 Mark Spendengelder aus der ganzen Welt ein- zusammeln, vergingen 14 Jahre bis zur Fertig- stellung, denn noch immer war die Realisierung angelika keune322 3 Beispielsweise unterstützte Lise Meitner die Breslauer Physikerin Hedwig Kohn in die USA zu flüchten. S. Annette Vogt: Vom Hintereingang zum Hauptportal? Lise Meitner und ihre Kolleginnen an der Berliner Universität und in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Stuttgart 2007, S. 224. 4 Ausführlich s. A. Keune, Gelehrtenbildnisse der Humboldt-Universität zu Berlin. Denkmäler, Büsten, Reliefs, Ge- denktafeln, Gemälde, Zeichnungen, Graphiken, Medaillen, Berlin 2000, S. 13–39 und S. 47–64. Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
Geschichte Chroniken
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