Seite - 324 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Bild der Seite - 324 -
Text der Seite - 324 -
dem Freidenker und Demokrat Alexander von
Humboldt ein Denkmal errichten wollte, reg-
te der Kaiser, nunmehr Wilhelm II., für den
Physiker Hermann von Helmholtz ein Denk-
mal im Ehrenhof der Universität sogar an und
stiftete hierfür 10.000 Mark (Abb. 5). Dennoch
gab es im Akademischen Senat jahrelange Dis-
kussionen, inwiefern ein einzelnes großes Denk-
mal auch andere verdiente Professoren repräsen-
tieren könnte oder ob das Helmholtz-Denkmal
mit den Büsten namhafter Ordinarien umsäumt
werden sollte. Diese Idee wurde jedoch ver-
worfen und 1899 das repräsentative 5,20 m ho-
he Helmholtz-Denkmal des Berliner Bildhauers
Ernst Herter eingeweiht.
Zehn Jahre später standen sich nach ausgie-
bigen Diskussionen die Denkmäler zweier Pro- fessoren gegenüber, die zu ihren Lebzeiten po-
litische Kontrahenten waren: das Denkmal für
den Althistoriker Theodor Mommsen (Abb. 6),
der im sogenannten Antisemitismusstreit 1879
vehement Partei für seine jüdischen Mitbürger
ergriffen hatte und gleiche Chancen im Wissen-
schaftsbetrieb auch für jüdische Gelehrte forder-
te, und das Denkmal für den Historiker Hein-
rich von Treitschke, der den unheilvollen Satz
prägte: „Die Juden sind unser Unglück.“ Einge-
weiht wurden beide Denkmäler 1909.
Wenn das Denkmal für Lise Meitner, die
aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln aus Deutsch-
land vertrieben wurde, heute fast genau an je-
nem Ort steht, an dem sich einst das Denkmal
für Treitschke befand, so ist mir dies eine beson-
dere Genugtuung.
Abb. 5: Berlin, Denkmal für Hermann von Helmholtz, Eh-
renhof der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Lin-
den; Ernst Herter, Hermann von Helmholtz, 1899, Figur:
Tiroler Marmor, Sockel: Bayerischer Marmor. Abb. 6: Berlin, Denkmal für Theodor Mommsen, Ehren-
hof der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden;
Adolf Brütt, Theodor Mommsen, 1909, Carrara-Marmor.
angelika
keune324
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
zurück zum
Buch Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa"
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken