Seite - 351 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Bild der Seite - 351 -
Text der Seite - 351 -
EWIGE PRÄSENZ DER WISSENSCHAFTLER IM
ÖFFENTLICHEN RAUM.
GELEHRTENDENKMÄLER IN LAIBACH
Barbara Murovec
Statuen im öffentlichen Raum zählen zu den
Kunstwerken, die am direktesten und un-
mittelbarsten von den politischen Interessen
und Zielen der jeweiligen herrschenden Elite
abhängig sind. Erst in der neuesten Zeit werden
auch im slowenischen akademischen Milieu,
das sich fast fünfzig Jahre lang im Einparteien-
system entwickelte, fachgemäß die Fragen über
die Funktion der Monumente im öffentlichen
Raum und deren historisch-politischen Kontext
gestellt.1 Die Divergenz zwischen der nach dem
sowjetischen Vorbild realisierten Monumental-
propaganda der jugoslawischen Führungs
spitze,
die den Befreiungskampf gegen die Okkupation
als Legitimierung der kommunistischen Nach-
kriegsrepression ausnutzte, und der bisherigen
Forschung und Bewusstmachung der Funkti-
on und des Kontexts der Denkmäler im öffent-
lichen Raum ist wesentlich. Der Grund für eine
solche gesellschaftliche und fachliche Einstellung
stimmt mit den in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg an der Laibacher Universi-
tät gelehrten kunsthistorischen Methoden über-
ein, die sich in der Regel lediglich auf die bloße
Identifizierung des Künstlers, der Datierung und
den Stil/die Form des Kunstobjektes beschränk-
te.2 Nur in geringem Maße versuchte man dem
Auftraggeber, seinen Absichten und Zielen nach-
zugehen, den Zusammenhang von Denkmal
und Gedächtnis festzustellen, die Folgen einer
bestimmten Erinnerungsweise zu ermitteln, zu
erfassen, ob und wie die Distanz zur Vergan-
genheit inszeniert wurde, und sich mit weite-
ren Fragestellungen zu beschäftigen, die zum
Verständnis der Kunstwerke in ihrem (politi-
schen) Kontext wesentlich hätten beitragen kön-
nen. Nicht zuletzt sind für das Verständnis der
Monumente die Untersuchung ihrer Rezeption
in der Gegenwart und das Dilemma individuel-
ler nationaler – auch in Abhängigkeit von den
politisch vorherrschenden Strömungen – Narra-
tionen der Geschichte bedeutend.3
1 In Slowenien wird dieses Thema noch immer stark politisch instrumentalisiert; in der letzten Zeit oft durch „Ver-
anschaulichung“ der Geschichte in künstlerischen Performances und Ausstellungen; wie z.B. erst kürzlich in einer
Ausstellung über den Sozialistischen Realismus: Heros we love, Umetnostna galerija Maribor (20. März – 30. August
2015) – wo die Grenze zwischen wissenschaftlicher bzw. (kunst-)historischer Analyse und (künstlerischer) Nutzung
der Geschichte bewusst verwischt wird.
2 Der Plastik im öffentlichen Raum widmete sich systematisch Špelca Čopič, besonders für die erste Hälfte des
20. Jahrhunderts (Š. Čopič, Javni spomeniki v slovenskem kiparstvu prve polovice 20. stoletja, Ljubljana 2000); mit
der Skulptur des Historismus befasst sich Sonja Žitko (S. Žitko, Historizem v kiparstvu 19. stoletja na Slovenskem,
Ljubljana 1989 (Zusammenfassung: Der Historismus in der Bildhauerei des 19. Jahrhunderts in Slowenien)).
3 Vgl. J. E. Young, Memory/Monument, in: Critical Terms for Art History. Second Edition (hrsg. von R. S.
Nelson/R. Shiff), Chicago/London 2003, S. 246.
zurück zum
Buch Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa"
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken