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auf dem platz sitzend
Während sich der Bau und die Ausstattung des
Nationalmuseums als eine konsensuelle poli-
tische Angelegenheit dem korrekten, patrioti-
schen Landes- Utraquismus unterordnen muss-
te, begleiteten das etwa zeitgleich entstehende
František-Palacký-Denkmal (Abb. 4) diamet-
ral gegensätzliche Umstände. Die Ursache dafür
war die Tatsache, dass die Initiatoren im radikal
protschechischen Prager Rathaus von Wien un-
abhängig waren. Das Palacký-Denkmal war ei-
nes der drei parallel entstandenen Prager Monu-
mente, die man – in der Folge der gipfelnden
nationalen Bewegung – in der Landeshauptstadt
den wichtigsten Persönlichkeiten der tschechi-
schen Geschichte widmete. Deren Realisierung
akzentuierte die Bedeutung der tschechischen
Geschichte und sollte so zugleich die aktuel-
len tschechischen Staatlichkeitsansprüche legi-
timieren. Besonders im Fall des Palacký-Denk- mals handelte es sich um ein höchst interessantes
Kunstwerk, das in vielen Facetten die ehemali-
gen schwierigen – politischen wie künstlerischen
–Verhältnisse anschaulich illustriert.
Die großen damaligen Denkmälerwettbe-
werbe stimulierten maßgeblich die Bildhauer-
invention, die im Fall der tschechischen Künst-
ler weiter durch eine intensive Suche nach einem
spezifischen, von Wien und dem deutschen Mi-
lieu unabhängigen künstlerischen Ausdruck ge-
fördert wurde.7 Die beiden, für die tschechische
Bildhauerei um 1900 ausschlaggebenden Po-
le stellten die Namen Auguste Rodin und Josef
Václav Myslbek dar.8 Myslbek (1848–1922) ent-
wickelte sich zur herausragendsten Persönlich-
keit der tschechischen Bildhauerei dieser Zeit:
einem allgemein anerkannten Künstler und ei-
nem ungeheueren autoritären Professor, unter
dem (fast ohne Ausnahme) mehrere Bildhau-
Abb. 4: Palacký-Denkmal kurz nach der Enthüllung.
martin
krummholz370
7 Z. Hojda/J. Pokorný, Pomníky a zapomníky, Praha/Litomyšl 1996; K. Kuthanová/H. Svatošová (Hg.), Meta-
morfózy politiky. Pražské pomníky 19. století, Praha 2013.
8 P. Wittlich, Scuplture of Czech Art Nouveau, Praha 2001.
9 V. Volavka, J. V. Mylsbek, Praha 1942; P. Wittlich, České sochařství ve XX. století, Praha 1978, S. 13–22;
Z. Dvořáková, Josef Václava Myslbek: Umělec a člověk uprostřed své doby, Praha 1979.
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken