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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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Zeit entstand, die eine der intensivsten Perioden in der Entwicklung der modernen Kunst war – wurde gleich nach seiner Enthüllung zum Ge- genstand unterschiedlichster und heftiger Kritik. Sucharda selbst schloss seine eigene, die Entste- hung und Gestalt erklärende Publikation mit bezeichnenderweise skeptischen Worten: Das Leben vergeht schnell – die Kunstrichtungen ver- ändern sich – vielleicht hätte ich (jetzt) selbst etwas an der Gestalt meines Werkes verändert.23 Die Kri- tik kam von allen Seiten. Die Anhänger der Mo- derne fanden das Denkmal als formal überholt und zu narrativ, für die konservative Mehrheit hingegen war die Uneinheitlichkeit der Kompo- sition und die Unruhe des Ausdrucks störend. Das Monument wurde als „antiakademisch“ bezeichnet. Schließlich wurde auch das „ger- manisch-übermenschliche“ Aussehen Palackýs angegriffen, das mit dem Stil Franz Metzners verglichen wurde. Die deutsche sowie österrei- chische Kritik wurde schließlich durch das Un- terdrückungsmonster mit seiner antihabsburgi- schen Konnotation provoziert. Daher wurde das wegen Form und Symbolik umstrittene Denk- mal während des Protektorats (1942) entfernt und sollte zerstört werden. Aber die demontier- ten Bronzeteile wurden gerettet und versteckt, sodass das Denkmal einige Jahre nach dem Krieg wieder zusammengesetzt werden konnte. Aus der heutigen Perspektive jedoch erscheint es im Vergleich mit anderen europäischen Mo- numenten um die Wende zum 20. Jahrhundert als eine äußerst originelle, von allen Denkmal- klischees und Zeitkonventionen befreite Schöp- fung. Die gewählte Form ist interessant und die dynamisierte Masse evoziert suggestiv den orga- nischen Prozess der tschechischen Nationalwie- dergeburt. Das Rodin’sche leidenschaftliche Su- jet wurde von Sucharda monumentalisiert und in Form einer kolossal nach oben gesteigerten Spirale auf das ganze Volk erweitert. Mit sei- ner Erzählung knüpfte Sucharda an die ähn- lich (obgleich mit weniger Dynamik) dargestell- te, geschichtliche Szene des Hus-Denkmals von Šaloun (von den ersten Slawen bis zur Schlacht am Weißen Berg) an. Beide Denkmäler entstan- den gleichzeitig in enger Interaktion. Höchst originell ist zudem die Ikonografie des Palacký- Denkmals, so treffen wir fast keine etablierte al- legorische Figur. Schließlich kann man anmer- ken, dass die gar nicht sentimentale „slawische“ Gestaltung Suchardas (vor allem zahlreiche Vari- ationen der Fürstin Libuše) ein vollwertiges Ge- genstück zur damaligen „germanischen Kunst“ darstellte, wie sie beispielsweise sein Zeitgenosse und Landsmann Franz Metzner repräsentierte. Den markanten Unterschied zwischen den beiden in Prag fast gleichzeitig entstandenen Pa- lacký-Monumenten kann man im Hinblick auf die Bedeutung dieser konkreten künstlerischen Aufgabe erklären. Die traditionell konzipierte Figur des Pantheons im Nationalmuseum war nur ein Teil des einheitlich und konventionell gefassten formalen Innenraumes, der unter Auf- sicht einer offiziellen und konservativen Landes- institution entstand. Demgegenüber folgte das großzügig subventionierte Palacký-Denkmal u.a. dem Ziel, die Ambitionen des selbstbewuss- ten Prager Rathauses zu erfüllen. Dieses war be- reit, eine vollkommen unkonventionelle Lösung zu fördern, die als Demonstration eines küh- nen künstlerischen Talents gelten konnte, des- sen konstruktiv-technologische Fähigkeiten die Erfolge und die Vitalität der wiedergeborenen Nation repräsentierten. Abbildungsnachweis: Abb. 1, 3: Foto: Jaroslav Kvíz (2000); Abb. 2: Foto ÚDU AV ČR; Abb. 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11: Archiv des Autors; Abb. 7: Archiv hlavního města Prahy. martin krummholz380 23 Sucharda, (zit. Anm. 19), S. 32. Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Titel
Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
Herausgeber
Ingeborg Schemper-Sparholz
Martin Engel
Andrea Mayr
Julia Rüdiger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
WIEN · KÖLN · WEIMAR
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20147-2
Abmessungen
18.5 x 26.0 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
Kategorien
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