Seite - 152 - in Auf die Tour! - Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
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Rott„[…]durchdiegrößerenGasthäuserLembergsundPrzemysls […]“.Da
es ihmgelang,mit seinen „jüdischenVolksliedern“Beifall zu finden, „[…]
konnte sichder jungeSängergutkleiden.“147AlsMaxRott startete erdann
beimOrpheumHerzmanninBudapesteineerfolgreicheKarriere imVarieté,
wieKollerbetonte,allerdingsohne„Schmacktlocken“–einäußeresAttribut,
dasaufdie jüdischeHerkunftdesProtagonistenverwiesenhabeundohneden
vermeintlich jüdischklingendenNamen. „PhysischerMerkmale“, soKoller,
hätteRott sich jedochnatürlichnichtentledigenkönnen.Deshalbhabeernur
‚jüdischeRollen‘gespielt:
Rott spieltewohlnurdie jüdischenRollen, stattete aberdie einzelnenFiguren,wiedas
Schlieferlin‚LeiserundZimt‘unddenReisinder‚Klabriaspartie‘,sowiealleseineTypen
mitsovielwahrheitsgetreuenZügenaus,daßmanmitFugundRechtsagenkonnte,daß
Rottunerreichtdastand.[!]148
GemeinsammitBenjaminBlatz trater späterüber Jahre imDuettals„Brüder
Rott“auf.149DerDiskursüber jüdischeodernichtjüdischeKünstlernamenwar
dabeikeineswegsetwas,dassnurdiemännlichenMitgliederderSzenebetraf,
sondernebensodieKünstlerinnen,wiesogleichnochThemaseinwird.Wie
aberschondieDiskussionumVolkssänger,KabarettistenundGesangshumoris-
tenzeigt, sindhiermehrereAspektevonInteresse:das„authentische, jüdische
Volkslied“,dassiezunächstvortrugenunddannfüreineinternationaleKarriere
tauschten,wieauchdieWahlvonKünstlernamen.BeidePhänomenewaren,
wiebereits imvorherigenKapiteldargelegt, inder Internationalisierungder
en verwendet, da sie, wie ich argumentierenmöchte, einer hohen Interaktion zwischen
denProtagonist*innenunddementstehendenSchriftstückunterlagen.Meldezettelwur-
denhandschriftlich ausgefüllt undZuschreibungenkonnten in ihnen– imVergleich zu
anderenöffentlichenDokumenten–relativ freigetätigtwerdenkonnten.Additiv lässt sich
imVergleichmitNachrufenundTodfallsmeldungeneinumfassenderesBilddarüberge-
winnen,wieVarietédirektoren,Künstler*innenundArtist*innenwahrgenommenwurden.
Rott verwies selbst imMeldezettel auf seinenvollenNamenMendelRottmannundsein
Religionsbekenntnis Judentum.MeldezettelMaxRott,WStLA,HistorischeMeldeunterlagen,
K1–B-Antiquariat. FürKriebaumetwa ist bezeichnend, dass keiner der unmittelbaren
Nachrufe ihnals ‚jüdischen‘Künstlerwahrgenommenzuhabenscheint.ErstKollersWerk,
das1930erschien, tradierteeinesolcheWahrnehmung.Nachrufeetwa inder Internationa-
lenArtistenRevue, oder imDeutschenVolksblatt. IAR,20.7.1900,3;DeutscheVolksblatt
(Abendausgabe),20.7.1900,2.
147 Koller,DasWienerVolkssängertuminalterundneuerZeit, 159.DieBukowinerRundschau
dokumentierte1899einenAuftrittderBrüderRott im„Theater-Varieté“desHerrnSami
Weiß.BukowinerRundschau,25.6.1899,4.
148 Koller,DasWienerVolkssängertuminalterundneuerZeit,159.
149 SiehezumBeispiel InseratvonHerzmann’sOrpheum,PL,9.9.1891,4.
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Titel
- Auf die Tour!
- Untertitel
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Autor
- Susanne Korbel
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Abmessungen
- 15.9 x 24.0 cm
- Seiten
- 272
- Kategorie
- Kunst und Kultur