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Use-Cases des autonomen
Fahrens32
2.4.9 Merkmal I: Eingriffsmöglichkeiten
Nach Donges [3] müssen die drei primären Fahraufgaben Navigation, Bahnführung und
Stabilisierung erfüllt werden, um ein Fahrzeug zu einem Fahrtziel zu führen. Die Stabili-
sierungsaufgabe wird u. a. bei Löper [1] durch die Regelungsaufgabe („Control Level“)
ersetzt: Die Regelungsaufgabe beinhaltet die Stabilisierung, und darüber hinaus besitzt sie
die Möglichkeit, das Fahrzeug in einen fahrdynamisch instabilen Zustand zu überführen,
mit dem Ziel, die Fahraufgabe zu erfüllen. Somit werden im Folgenden die für den Men-
schen relevanten Fahraufgaben Navigation, Bahnführung und Regelung betrachtet.
Diese Fahraufgaben werden nach der Definition des vollautomatisierten Fahrens komplett
dem Fahrroboter übergeben: Bekommt der Fahrroboter ein Fahrtziel vorgegeben, erfüllt
dieser die Navigations-, Bahnführungs- und Regelungsaufgabe und führt das Fahrzeug zu
dem Fahrtziel. Zwar muss der Fahrroboter diese Fahraufgaben erfüllen, der Aufbau der
Architektur des Fahrroboters ist davon jedoch zunächst unabhängig. Im Gegensatz dazu
werden aktuelle Serienfahrzeuge, mit Ausnahme von Gefahrensituationen (ABS, ESC, AEB),
durch den menschlichen Fahrer geführt. Dem Menschen wird aktuell immer die Möglichkeit
geboten, Assistenzsysteme durch die Betätigung der Stellelemente an seinem Fahrerarbeits-
platz zu korrigieren oder zu übersteuern. Somit existieren zwei Instanzen – der Insasse sowie
der Fahrroboter – die prinzipiell die Fähigkeiten besitzen, ein Fahrzeug zu führen.
Zusätzlich existieren Ideen und Konzepte der Fahrzeugfernsteuerung (Tele-Operation),
bei denen fahrzeugexterne Instanzen in die Fahrzeugführung eingreifen. Existieren eine
Kommunikation und eine entsprechende Schnittstelle für die Fahrzeugaußenwelt, dann
besitzen diese externen Instanzen ebenfalls die Möglichkeit, auf die Fahrzeugführung
Einfluss zu nehmen. Somit können insgesamt die drei Instanzgruppen Intern, Fahrzeug und
Extern die Fahrzeugführung übernehmen.
Für die vereinfachte Beschreibung des Merkmals sind die Insassen (volljährig, minder-
jährig, Menschen mit einschränkender Behinderung etc.) zur Gruppe Intern und die sich
außerhalb des Fahrzeugs befindenden Einflussgrößen (hoheitliche Autoritäten (z. B. Polizei),
Fahrzeughalter (wenn nicht Teil der Gruppe Intern), Bevollmächtigter etc.) zur Gruppe
Extern zusammengefasst. Werden die Instanzen unabhängig voneinander betrachtet, erge-
ben sich folgende Fragen bezüglich deren Eingriffsmöglichkeiten:
1. Auf welcher Fahrzeugführungsebene hat die Instanz die Möglichkeit einzugreifen?
2. Für welche Fahrzeugführungsebene hat die Instanz die Befugnis einzugreifen?
Die erste Frage wird durch das Fahrzeugkonzept des Use-Case beantwortet. Soll die Instanz
die Möglichkeit haben einzugreifen, dann wird vorausgesetzt, dass eine geeignete Schnitt-
stelle für diese Instanz im Fahrzeugkonzept vorgesehen ist. Die zweite Frage erfordert eine
rechtliche Regelung, die definiert, welche Befugnisse für Instanzen entsprechend deren
Eigenschaften und Zuständigkeiten vergeben werden. Wer diese Regeln erstellt und prüft,
ob es eine Art Fahrprüfung für die unterschiedlichen Ebenen gibt und Autorisierungen wie
Führerschein oder Zugangscodes benötigt werden, soll hier nicht weiter ausgeführt werden.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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